Alain Makaraviez (geb. 1936): Saint-Laurent in Le Puy en Velay (1988)

Das Zentralmassiv im südlichen Frankreich ist nicht gerade für moderne Glasmalereien bekannt; die dortigen Kirchen sind meist alt, gehen ins Mittelalter zurück und haben, da diese Region von den Weltkriegen zerstört blieb, einen historischen Fensterbestand. Von daher war es eine Besonderheit, als sich die Gemeinde der römisch-katholischen Kirche Saint-Laurent in Le Puy en Velay (Haute-Loire) entschloss, ihrer Kirche neue Buntglasfenster einsetzen zu lassen. Dieser Einbau sollte der Abschluss von Sanierungsarbeiten sein, um den Verfall der mittelalterlichen Ordenskirche aufzuhalten. Möglicherweise haben sich aber gerade diese Sanierungen, so vermutet man heute, negativ auf die Statik ausgewirkt, denn einige Jahre später musste der Bau wegen Einsturzgefährdung endgültig für die Öffentlichkeit und Gottesdienste gesperrt werden – für die Aufnahmen im Innenbereich war ein kompliziertes Antragsverfahren und besondere Sicherheitsmaßnahmen notwendig. Ob der Bau und die Fenster überhaupt eine Zukunft haben, ist offen.

Mitte der 1980er Jahre konnte der Priester Roger Gras, ein ausgesprochener Kunstkenner, den französischen Glasmaler Alain Makaraviez (geb. 1936) aus Taillebourg für die Fenstergestaltung gewinnen. Makaraviez hatte gerade Fenster für die Kathedrale von Clermont-Ferrand fertiggestellt und galt zu dieser Zeit als einer der führenden und besten Glasmaler Frankreichs. Die Herstellung und künstlerische Ausführung oblag Makaraviez, während Gras ein theologisches Konzept entwarf, nach dem die einzelnen Motive festgelegt wurden. Für das südliche Rundfenster direkt über dem Seitenausgang im rechten Seitenschiff entschied er sich für das Himmlische Jerusalem. Damit, so Gras, sollten die Besucher beim Verlassen des Gebäudes an diese christliche Verheißung zukünftiger Gerechtigkeit erinnert werden.
Auch die stilistische Ausgestaltung geht auf Gras zurück. Er empfahl konkret ein „Jerusalem in Stil mittelalterlicher Bilder, wie wir es von Angers oder den Bible moralisee her kennen“ , ohne aber eine bestimmte Miniatur zu kopieren. Im Gegenteil, der Künstler, also Makaraviez, setzte dabei eigene Akzente, die sich in entsprechenden Miniaturen, etwa Arsenal MS 5214, MS Français 152 oder der Paris-Apokalypse, so nicht finden lassen. Beispielsweise ist in Saint-Laurent das Zentrum nicht mit Heiligen oder Christus besetzt, sondern mit drei Laubbäumen.

Auf die zwölf Perlen wurde ebenso wie auf die Edelsteine verzichtet, aber der Künstler setzte an jeder Seite drei rote Sterne. An der oberen Seite sind zwei dieser Sterne durch eine Engelsfigur verdeckt. Die hält nicht etwa ein Schwert in den Händen, sondern einen Stab, mit dem die Stadt vermessen wird. Die massiven Türme der Stadt sind jeweils im Detail unterschiedlich ausgearbeitet, sie alle vereint die kleinteilige Oberflächenstruktur und Musterung der Mauern, wie es seit den römischen Mosaiken Tradition hat (vgl. Santa Maria Maggiore).

 

tags: Mittelalterkopie, Rundfenster, Zentralmassiv, Massstab
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