Suche
Close this search box.

Burgunder Apokalypse Mscr. Dresd. Oc. 49 (1300-1350)

Diese altfranzösische Handschrift war einst im Besitz von Philipp III. in der Bibliothek der burgundischen Herzöge aufbewahrt. Seit 1737 ist sie im Besitz der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek, die die Apokalypse von dem Auktionator Gottfried Selle (gest. 1767) erworben hat. Eine der 70 Miniaturen von Mscr.Dresd.Oc.49 zeigt auf fol. 52v das Neue Jerusalem. In einer rot-blauen Rahmung findet man etwa in der Mitte ein quadratisches Himmlisches Jerusalem. Man sieht gleichzeitig eine Seite der Stadt mit drei rundbogigen Öffnungen (Fenster oder Tore) und an den Seitenkanten des Quadrates jeweils drei Turmansätze – eine optische Unmöglichkeit, die jedoch der inneren Logik einer übergesetzesmäßigen Himmelserscheinung keinen Abbruch tun. Auf jedem dieser Turmstummel ist ein betender Engel im Halbprofil dargestellt. Die rechte Seite nimmt eine große menschliche Gestalt in einem langen, schmalen Gewand ein. Dies ist nicht der Seher Johannes, sondern der ihm erschienene Engel. Seine Gesichtszüge sind leider zerstört. Er steht auf einem Felsen, und auch die Stadt scheint auf diesem Felsen zu fußen. Aus ihren drei Fenstern, bzw. drei Toren, strömt der Lebensfluss hervor und befruchtet die neue Welt.

 

In der British Library befindet sich in Add. 38118 eine Miniatur, die entweder der Burgunder Apokalypse als Vorbild diente oder selbst nachgeahmt wurde. Wir wissen nur, dass diese Apokalypsenhandschrift mit 55 Illustrationen (hier fol. 36 und 43) und einem Kommentar in französischer Sprache aus dem 14. Jahrhundert stammt. Fol. 36 findet sich in dieser Art in Mscr.Dresd.Oc.49 nicht. Gezeigt wird das Lamm Gottes, das auf einem Hügel steht, der aus der Stadt erwächst. Diese besteht aus einem Turm und ineinander geschobenen Mauerpartien, auf denen Rechtecke vermutlich Fenster darstellen. Links wirft ein Engel einen roten Gegenstand auf den Boden: es ist die Szene, auf der der Teufel für tausend Jahre verschlossen wird.

 

Fol. 43 kennen wir dann bereits aus Mscr.Dresd.Oc.49. Hier allerdings sind die Linien klarer, die Beschädigungen geringer, und auch der Engel hat noch seine Gesichtszüge. Im Gegensatz zu dem Vor- oder Nachbild ist der Hintergrund hier jedoch einheitlich golden, während der Rahmen die gewohnte rot-blaue Musterung besitzt.

Ludwig Schmidt: Katalog der Handschriften der Sächsischen Landesbibliothek zu Dresden, 3, Leipzig 1906, S. 258.
A.(médée) Boinet: Un bibliophile du XV. siècle, in: Bibliothèque de l’ècole des chartes, 67, 1906, S. 254-269.
Wilhelm Neuß: Die ikonographischen Wurzeln von Dürers Apokalypse, in: Heinrich Konen, Johann Peter Steffes (Hrsg.): Volkstum und Kulturpolitik, Köln 1932, S. 185-197.

 

tags: Burgund, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek Dresden, British Library
Share:
error: