1906, Postkarte 1 © Zeno

„Weiße Kreuz“: Jerusalems-Postkarte (1906)

Tatsächlich gab es auch immer wieder Postkarten mit dem Motiv des Neuen Jerusalem, etwa eine satirische Karte aus Hamburg oder eine fromme Bildpostkarte aus Schweden (beide um 1902), oder auch modernere Beispiele, etwa von der Künstlerin Bracha Brym-Lavee (1989). Es erscheint merkwürdig: Man verbrachte einen Urlaub oder eine Geschäftsreise, und von dort schickt man eine Karte mit diesem Motiv.

Das Emblem dieser Karte oben rechts führt zu dem Herausgeber und seinen Intentionen. Es handelt sich um das „Weiße Kreuz“, welches analog zu der Organisation „Rotes Kreuz“ eingeführt wurde. Das „Weiße Kreuz“ wurde 1890 in Berlin gegründet und hatte sein Bundeshaus in Nowawes bei Potsdam, wo sich auch eine Druckerei befand (in der diese und andere Karten gedruckt wurden). Die Ziele des Vereins haben sich im Laufe der Jahre immer wieder geändert, aber im großen und ganzen geht es um moralische Fragen einer christliche Lebensführung mit einem Schwerpunkt auf den Gebieten der Sexualität, Schwangerschaft und Eheführung.
Die Karte ist in mindestens zwei Varianten bekannt, einmal mit dem Kreuzsymbol (hier wiedergegeben), einmal ohne, dafür mit dem Zusatz „Herzlichen Neujahrsgruß“. In der Bildgestaltung sind beide Karten identisch: In einer alpinen Bergwelt wird ein schmaler Weg durch ein Tal gezeigt. Zur Orientierung dient der Wegweiser links „Zum Leben“. Diesen Weg haben bereits mehrere Menschen eingeschlagen. Ihr Ziel erscheint dann hoch über den Bergen, wo die Wolken aufbrechen und das Neue Jerusalem wie eine Sonne erscheint. In der Darstellungsweise zeigt es sich zurückhaltend, lediglich einige wenige rechteckige Blöcke mit Fenstern können aus der Ferne erkannt werden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war solches bekannt, man findet Jerusalem ähnlich dargestellt vor allem in Publikationen der Adventisten, so in „Our Paradise“ (1903), der Zeitschrift „Signs of the Times“ (1904), in „Story of Daniel“ (1908) oder im „Herold der Wahrheit“ (1910).
Beigegeben wurde der Zeichnung eine ganze Reihe von Bibelsprüchen, zunächst um das Kreuz:„Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unseren Herrn Jesus Christus“ (1. Korintherbrief Kap. 15, Vers 57), dann „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Johannesevangelium Kap. 14, Vers 6), „So nimm denn meine Hände und führe mich / Bis an mein selig Ende und ewiglich“. Damit richtete sich die Botschaft der Karte an alle Christen und noch vielmehr an solche Personen, die noch zum Christentum kommen sollten.

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tags: Pueblo, Postkarte, Kaiserzeit
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