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Guillaume de Digulleville: Pélerinage MS 1130 (um 1390)

Die Pariser Bibliothek Sainte-Geneviève besitzt die Ausgabe „Les trois pèlerinages“, eine Variante der Pélerinage von Guillaume de Digulleville. Der Band hat die Signatur MS 1130 und wurde gegen Ende des 14. Jahrhunderts geschaffen. Von den zahlreichen Miniaturen zeigen insgesamt fünf die Gottesstadt, nämlich diejenigen auf fol. 2r, 2v, 3r (zwei Miniaturen) sowie 3v. Bekannt ist vor allem die Eingangsminiatur auf der oberen Hälfte von fol. 2r, die das Himmlische Jerusalem gleich zwei Mal zeigt, einmal als Traumvision im Spiegel links, und dann, leider schwer beschädigt, im Hintergrund einer Predigtszene rechts. In dem Spiegelbild ist die Stadt, was ja wegen des Lebensflusses nahe liegt, als Wasserschloss oder -burg gezeigt, vor der Schwäne schwimmen.

 

Die folgende vier Miniaturen zeigen die Himmelsstadt, wie sie sich dem Pilger auf seinem Lebensweg in unterschiedlicher Gestalt präsentiert, als Burg, Stadttor oder kleine Kirche, stets mit anspruchsvoller Hintergrundornamentierung. Zunächst begegnet der Pilger einem Wächterengel vor der Stadt. Diese ist hermetisch abgeschlossen und zeigt keine Eingangspforte. Ungewöhnlich ist der grüne Farbstich der unteren Hälfte, während die obere Hälfte in einem Blau wiedergegeben ist.

 

Die beiden Miniaturen von fol. 3r zeigen zwei Szenen, auf denen Mönche versuchen, sich Zugang in das Neue Jerusalem zu verschaffen. Einmal setzen sie eine Leiter an, ein andermal hangeln sie sich an einer Kordel nach oben. Die Stadt ist in der Grundform gleich, im Detail unterschiedlich: einmal hat sie doch eine Zugangspforte, dann zwei kleine Ecktürme. Auch der Hintergrund ändert seine Struktur, einmal ist es ein Schachbrettmuster, dann eine vegetabiles Ornament.

 

Die letzte Miniatur mit einer Jerusalems-Darstellung, also fol. 3v, zeigt den Erfolg der Bemühungen: links tauschen die Mönche ihre alten Gewänder gegen das neue weiße Kleid, das einheitlich alle Bewohner der Stadt tragen. Rechts beobachtet sie Petrus, der als Papst mit einer Tiara ausgestattet ist. Genau in die schwarze Zugangspforte hält er den Schlüssel. Die Stadt präsentiert sich hier als kleine Kirche mit einem hohen Turm, der weit über die Miniatur hinausragt.

Michael Camille: Master of death. The lifeless art of Pierre Remiet, illuminator, New Haven 1996.
Paule Amblard: Le Pélérinage de vie humaine, Paris 1998.
Ursula Peters: Das Ich im Bild. Die Figur des Autors in volkssprachigen Bilderhandschriften des 13. bis 16. Jahrhunderts, Köln 2008.

 

tags: Spiegel, Guillaume de Digulleville, Schwan, Wasserschloss, Wächterengel, Kordel, Leiter, Papst, Tiara
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