Raphael Sadeler d. J. (1560/61-1632): Zeichnungen der Maria Immaculata (um 1602 und 1605)
Eine der frühesten Darstellungen des Motivs Civitas Dei und der Porta Coeli im Rahmen der gedruckten Lauretanischen Marienlitaneien erschien vermutlich zwischen dem 6. September 1601 und spätestens 1604 in Venedig. Der Renaissance-Kupferstich (33 x 28 Zentimeter) stammt von Raphael Sadeler dem Jüngeren (1560/61-1632). Er ist das erste einer ganzen Reihe von Flugblättern mit dem Himmlischen Jerusalem, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine große Mode waren, das belegen Arbeiten von Raphael de Mey/Johann Bussemacher, Jan van der Straet/Cornelis Cort und eine weitere Fassung von Cornelis Cort.
Um das bekannte Gnadenbild aus Loretto wurden in eigenständigen kleinen Rechtecken 21 marianische Symbole angeordnet. Als erstes erscheint die Civitas Dei hinter einer öden Mondlandschaft. Die Stadt mit zwei auffallenden Kuppelbauten zeigt sich hinter einer hohen Mauer mit zentralem Tor samt Segmentgiebel, nicht anders als auf einer spanischen Malerei aus Mallorca von 1580. Anschließend präsentiert uns Sadeler zwei Mal die Himmelspforte. In der ersten Himmelspforte befindet sich eine menschliche, männliche Figur, die nach oben strebt. Eine solche Besetzung ist in Himmelspforten, die, wenn überhaupt, mit einem Engel ausgestattet sind, selten zu finden und sagt etwas aus über die anthropomorphe Zukunftsgewissheit um 1600. In der Serie wurde die Himmelspforte dann noch ein weiteres Mal in geschlossenem Zustand abgebildet, als Porta Clausa. Alle drei Stiche wurden zu einem wichtigen Vorbild für viele weitere Stiche und Malereien in Deutschland, Spanien und Italien während des gesamten 17. Jahrhunderts: Hieronymus Wierix und Johannes Stradanus/Philippus Galle.
Wolfgang Beinert, Heinrich Petri: Handbuch der Marienkunde, Regensburg 1984.
Wolfgang Harms, Michael Schilling (Hrsg.): Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts, 3, Tübingen 1989.
Nach kurzer Zeit brachte Raphael Sadeler 1605 einen weiteren Kupferstich mit dem Thema der Maria Immaculata heraus (Metropolitan Museum of Art, Harris Brisbane Dick Fund 1953, Inventarnummer 53.601.12 (16), New York). Diese Arbeit präsentiert auf der rechten Seite die offene und geschlossene Himmelspforte, verzichtet aber auf die Wiedergabe der Civitas Dei. Wie bereits zuvor, sind die Symbole Nebenprodukte und daher schnell und einfach aufgezeichnet, möglicherweise auch von einem der Angestellten Sadelers.
Litaniae singvlis diebvs sabbathi et festis divae virginis in aede lavretana cantari solitae, Venetiis, um 1602.
Gloria in excelsis. The virgin and angels in Viceregal painting of Peru and Bolivia, New York 1986.