Rogier van der Weyden (1399/1400-1464): Weltgerichtsaltar Hôtel-Dieu in Beaune (1448-1451)
Die Darstellungsweise Stefan Lochners wurde dann von Rogier van der Weyden (1399/1400-1464) übernommen. Der niederländische Maler war ein Zeitgenosse des mächtigen europäischen Fürsten Philipp des Guten und galt schon zu Lebzeiten als einer der größten Maler der Niederlande.
Das aus insgesamt neun Tafeln bestehende Polyptychon zeigt auf der Innenseite eine Darstellung des Jüngsten Gerichts. In zugeklapptem Zustand sind die Heiligen Sebastian und Antonius als Skulpturen in Grisaille ausgeführt, sowie die Porträts des Stifterpaares zu sehen. Das Altarbild wurde ursprünglich für die Kapelle im Krankensaal des Hôtel-Dieu in Beaune (Département Côte-d’Or), Frankreich, angefertigt. Heute steht der Altar in einem Nebenraum des Hospizes. Die Thematik des Altars stammt aus dem Alten und Neuen Testament, insbesondere aus dem Evangelium nach Matthäus und der Apokalypse. Bei dem Weltgerichtsaltar in Beaune findet sich auf dem linken Flügel ein säulengerahmtes Portal, das ganz mit Gold überzogen ist. Wie auf vergleichbaren Arbeiten der Fall, ist hier vor allem der Wimperg im Mittelpunkt. Das Bild ist in Öl auf Eichenholz gemalt und hat eine Höhe von 215 Zentimetern. Es ist nicht signiert. Erst spätere Quellen haben Rogier van der Weyden zweifelsfrei als Maler identifiziert.
Der Weltgerichtsaltar entstand zwischen 1448 und 1451 im Auftrag für den Kanzler Nicolas Rolin (1376-1462) für das von ihm gestiftete Hospiz in Beaune. Dort waren naturgemäß viele Menschen mit dem Tod konfrontiert und erwarteten, sich von dieser Darstellung zu frommen Gebeten und Betrachtungen anregen zu lassen.
Theodore Herbert Feder: Roger van der Weyden and the altarpiece of ‚the last judgement at Beaune’, Columbia 1975.
Anna Eörsi: From the expulsion to the enchaining of the devil. The iconography of the Last Judgement altar of Rogier van der Weyden in Beaune, in: Acta Historiae Artium Academiae Scientiarum Hungaricae, 30, 1984, S. 123-159.
Odile Delenda: Rogier van der Weyden. Das Gesamtwerk des Meisters, Stuttgart 1996.
Stephen Kemperdick: Rogier van der Weyden, Köln 2000.
Lorene Campbell: Van der Weyden, London 2004.