Fra Angelico (auch Beato Angelico, um 1390-1455) schuf 1431/32 in Perugia ein berühmtes Weltgericht, das sich heute im Museum San Marco in Florenz befindet. Es handelt sich um eine Temperamalerei auf Holz der Gesamtgröße 210 x 105 Zentimeter, die als Retabel für einen Altar gedacht war. An der linken Seite, ganz oben, ist auf der Malerei ein blockartiges Tor zu sehen, lediglich mit einer Doppellinie (Lisene) an der Seite verziert, ansonsten gänzlich ungeschmückt. Links und rechts grenzen ebenso kahle Mauerpartien an, alle in einem gleichen hellen Rosa gehalten, ähnlich wie auf einer Wandgestaltung im Sacro Convento di Assisi von Cimabue. Anders als die Pforte sind die Wände hier mit kräftigen Zinnen bekrönt, hinter denen sich vermutlich ein Wehrgang um die Stadt befinden sollte. Vor der Pforte stehen zwei Personen mit langen weißen Gewändern, offensichtlich Mönche des Dominikanerordens. Die Besonderheit an diesem Weltgericht ist weniger das Tor oder die Stadtmauer, wie sie im Trecento jede oberitalienische Kleinstadt zu bieten hatte, sondern das mächtige Strahlenbündel, das aus dem Tor herausdrängt, um die Geretteten zu erfassen und sie förmlich zu durchdringen, mit ihren Gewändern scheinen sie bereits in Engel verwandelt.
Im früheren Kloster San Marco lebte der Maler Angelico einige Jahre selbst als Mönch, ohne die Kunst aufzugeben. Die Zellen und Kreuzgänge des Klosters San Marco wurden zu einem großen Teil von ihm mit Bildern ausgemalt, die der Andacht und inneren Einkehr der Mönche dienen sollten. Das Kloster ist daher heute als Ganzes ein Museum der italienischen Frührenaissance.
William Hood: Fra Angelico at San Marco, Yale 1993.
Paolo Morachiello: Fra Angelico. The San Marco frescoes, London 1996.
Wolfgang Bader: Fra Angelico: Einblicke in Leben und Werk, München 2005.
Claus Bernet: Klassiker des Himmlischen Jerusalem, Norderstedt 2012 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 1).