Stadtkirche Johannes der Täufer in Rain am Lech: Wandmalerei mit Weltgericht (um 1525)

Im Inneren besitzt die Kirche Johannes der Täufer in Rain am Lech heute wieder zahlreiche Fresken, die einen Kontrast zur hellen weißen Wandfarbe bilden. Diese sind über einen längeren Zeitraum in die Kirche gekommen. Nachdem um 1480 das gotische Langhaus fertig war, begann man mit der Ausgestaltung des Inneren mit Malereien, was bis in das erste Viertel des 16. Jahrhundert andauerte.

Im hinteren Bereich, über dem nördlichen Ausgang bzw. Eingang, hat man sich für ein Weltgericht entschieden. An dieser Stelle konnte man die Motive während der Messe zwar nicht sehen – allerdings fielen sie allen beim Verlassen der Kirche ins Auge. Das war jedoch eher dem Zufall geschuldet: Zunächst wurden die prominenten Positionen mit Malereien besetzt, die dem Weltgericht aus der Johannesoffenbarung zeitlich vorgelagert waren. Als man schließlich bei diesem angelangt war, blieb zuletzt nur die Fläche über der Tür übrig. Auf die spätere Zeit um 1525 weisen auch stilistische Merkmale, die darauf hindeuten, dass hier bereits andere Maler mitarbeiteten als noch 1480: Die Teufelsszenen leben einen fröhlichen Manierismus, so wird eine geizige Frau auf einem Karren in die Hölle gefahren, wo bereits ein Spieler mit einem Backgammon gequält wird, ein anderer wird brutal ausgeweidet. Die Umrisse mancher Figuren, etwa des Petrus und die zwei Auferstandenen rechts davon, besitzen bereits Züge der Frührenaissance. Bis auf Petrus sind alle Personen nackt, sie vertreten hier nicht mehr die mittelalterlichen Stände. Petrus steht vor oder auf einer Treppe, hinter ihm öffnen sich zwei Bögen. Links geht es in das Himmlische Jerusalem, der rechte Bogen markiert die Rückseite der aufgeschlagenen Tür. Von der rötlichen Außenwand oder Mauer Jerusalems ist nicht viel zu erkennen, offensichtlich befanden sich auch hier Personen oder Engel. Irritierend ist die Illusionsmalerei der grauen gotischen Fischbasen am Fundament, die man eher weiter oben, über der Stadtmauer, vermuten würde. Man findet sie nur an der linken Seite. Möglicherweise handelt es sich um eine erste Übermalung aus dem Jahr 1616.

Erhalten hat sich nur die untere Hälfte des Bildes. Aus Vergleichen mit anderen Weltgerichten dieser Zeit (etwa aus der Stadtkirche Biel) wissen wir jedoch ziemlich genau, was sich im oberen Bereich einst befand (oder sich in Fragmenten noch immer unter dem Verputz befindet): Christus thronend auf einem Regenbogen, darunter links Maria, rechts Johannes der Täufer.
Unter Putz gelegt wurde auch diese Malerei bei einer Umgestaltung im späten 17. Jahrhundert. Möglicherweise ging dabei der obere Teil verloren. Man entschied sich damals, alle mittelalterlichen Fresken zu übermalen – die Beseitigung hat also nichts mit dem Motiv Weltgericht zu tun, sondern betraf auch die anderen Bilder, etwa die Vertreibung der Händler aus dem Tempel, eine Kreuzigungsszene oder den Heiligen Christopherus.
Die Kirche wurde auch in den folgende Jahrhunderten öfters umgestaltet. 1920 bis 1930, als wieder einmal eine umfangreiche Neukonzeption umgesetzt wurde, hat man einen ersten Teil der spätgotischen Fresken freigelegt. Von 1970 bis 1974 folgten weitere Freilegungen durch den Restaurator Toni Mayer aus Mindelheim. 

Festschrift zur Altarweihe in der Pfarrkirche St. Johann der Täufer, Rain am Lech, 30. Juni 1974, Rain 1974.
Gernot Sandner: 500 Jahre Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer und die Stadt Rain, 1480-1980, Rain 1980.
Markus Würmsehe: Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer und die anderen sakralen Orte in Rain am Lech, Lindenberg i. Allgau 2023.

 

tags: Weltgericht, Frührenaissance, Schwaben, Bayern, Donauschwaben, Spätmittelalter
Share:
error: