Prager Himmelsstadt (um 1140)

Das Manuskript gilt als eines der Hauptwerke der böhmischen Buchmalerei der Romanik. Die darin enthaltene Miniatur zu Augustinus’ Werk „De civitate Dei“ ist verwandt mit einer Darstellung in einem Kommentarband zur Apokalypse des Haimo von Auxerre (um 1139 bis um 1244), der zur gleichen Zeit entstanden ist. Im Prager Exemplar der Bibliothek San Vitus (MS lat. A7) wird auf fol. 7 das Zentrum durch Gottvater und eine prächtige Mandorla dominiert. Neben ihm haben sich das Lamm und die Friedenstaube postiert – eine im Zusammenhang mit dem Himmlischen Jerusalem in dieser Gegenüberstellung eher seltenen Kombination, die auf die Trinität verweist. Außerhalb der Mandorla ist links Sapientia, also die Weisheit, und rechts der Apostel Jakobus dargestellt. Zwischen ihnen befinden sich Tiersymbole für die vier Evangelisten und im unteren Teil zwei Reihen von Heiligen. Umschlossen ist das Ganze vom Mauerwerk des Himmlischen Jerusalem. Dabei findet sich eine schlüssige, aber selten zu findende Kombination von Mauerwerk und Türmen: Die beiden Seiten sind durch zwei hohe, schlanke Türme gerahmt. Oben und unten aber ist die Zeichnung durch eine Zinnenmauer mit jeweils zwei kleinen Türmchen abgeschlossen. Ein Eingang ist nicht zu finden – hier interessiert nicht der Weg in die Gottesstadt, sondern die Darstellung ihrer perfekten Herrlichkeit. 

Erwin Panofsky: Early Netherlandish painting. Its origins and character, Harvard 1971.
Maria Luisa Gatti Perer (Hrsg.): La Gerusalemme celeste. Catalogo della mostra. Milano, Università Cattolica del S. Cuore 20 maggio – 5 giugno 1983, Milano 1983, S. 218.
Véronique Pasche (Hrsg.): La visione e lo sguardo nel Medio Evo, 1, Lausanne 1997.

 

tags: Aurelius Augustinus, De Civitate Dei, Prag, Tschechien, Romanik, Taube, Sapientia
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