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Haimo-Codex (um 1110)

Dieser Apokalypsekommentar des Haimo von Auxerre (um 841-876) entstand in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Bis heute ist ungeklärt, woher die Handschrift stammt und wer ihre Besitzer einst waren. Aufgrund stilkritischer Vergleiche, die sich jedoch immer am Rande der Spekulation bewegen, wird meist der deutsche Sprachraum als Entstehungsort genannt, Ähnlichkeiten bestehen zu MS lat. A7. Man hörte erstmals von dem Buch 1603, als es die Bodleian Library, wo sie noch heute aufbewahrt wird (MS Bodl. 352, fol. 13r), ankaufte.
Wie auch bei den Beatus-Handschriften wurden die zwölf Apostel und die Edelsteine namentlich gekennzeichnet. An der Stadtmauer sind vor allem im vorderen Teil, das wie ein Schiffsbug spitz nach vorne ausläuft, Verzierungen zu erkennen. Dahinter liegen drei niedrige Türme mit Spitzdächern, die mit drei weiteren Türmen im oberen Bildteil korrespondieren. Alle diese Türme haben an den Seiten je einen Ausläufer, der wie die Klinge einer Axt oder ein Segel aussieht. Diese Merkwürdigkeit wurde bislang noch nicht befriedigend geklärt.
Zwei weitere sehr hohe Türme rahmen die Stadt an ihren Außenseiten. Die Türme werden von militanten Engeln mit Schutzschilden, goldenen Helmen und Lanzen bewacht. Mit diesen Details, aber auch im Gesamtaufbau, steht diese Oxford-Apokalypse mit dem Stuttgarter Kalendar-Psalterium von 1130 in Zusammenhang. Aber auch hier kann über die Frage, welche Ausgabe die jeweilig andere beeinflusst haben könnte, nur spekuliert werden.
Freilich hat die Oxford-Apokalypse auch eigenständige Merkmale; hingewiesen sei auf die vier Evangelistensymbole um das zentrale Christuslamm. Vor allem der geflügelte Löwe (Markuslöwe) ist ein anschauliches Detail und über Kopien bekannter geworden. Um das Lamm haben sich mehrere Gruppen geschart, die Dank der lateinischen Beischrift identifiziert werden können als Apostel, Jungfrauen, Patriarchen, Propheten und Märtyrer. Diese waren nach mittelalterlicher Vorstellung die Bewohner der Gottesstadt, weniger Tagelöhner, Bauern oder fahrendes Volk.

Marie-Thérèse Gousset: La représentation de la Jérusalem céleste à l’époque carolingienne, in: Cahiers Archéologiques, 23, 1974, S. 47-60.
Peter K. Klein: Les Apocalypses Romanes et la tradition exégétique, in: Les Cahiers de Saint Michel de Cuxa, 12, 1981, S. 123-140.
Barbara Polaczek: Zwei romanische Apokalypsezyklen und ihr monastisches Umfeld, Regensburg 1997.
Barbara Polaczek: Apokalypseillustration des 12. Jahrhunderts und weibliche Frömmigkeit, Weimar 1998.

 

tags: Bodeleian Library, Oxford, Evangelisten, Ottonik
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