Ioan aus Pangarati: Wandfresken des Moldauklosters Sucevita (1595/96)

Rumänien ist reich an Jerusalems-Kunstwerken der Volkskunst, lange vor den Glasmalereien. Ein besonderes Meisterwerk ist die Kirche des rumänisch-orthodoxen Nonnenklosters Sucevita, welches zu den Moldauklöstern der Bukowina zählt. Es ist der Auferstehung Christi geweiht und lehnt sich in seiner baulichen Form mit Wehrtürmen und Mauern schon äußerlich an das Neue Jerusalem an.

Die Loggia, die die Eingangstreppe zur Kirche auf der Südseite abdeckt, ist vollständig mit Fresken aus der Apokalypse des Johannes bedeckt, die aus zeitgenössischen Bibelausgaben entliehen sind, etwa der Lutherbibel des Hans Lufft von 1534/5 oder dem katholischen Emsertestament. Dort wie hier ist die Stadt annähernd quadratisch, in der Mitte befindet sich hier allerdings das Lamm Gottes. Von einem Hügel besehen ein Engel (rechts) und Johannes (links) diese Stadt. Der Maßstab in der Hand des Engels zieht sich weit nach unten und reicht bis an das Fundament der Stadt. Die Felsen und die Sterne über der Stadt sind systematisch gehalten, sie sollen nicht von der Hauptattraktion des Bildes ablenken.

 

An der Nordwand außen findet man ein zweites Himmlisches Jerusalem, diesmal gänzlich anders in Form einer Himmelspforte. Besonders eindrucksvoll anzusehen ist die „Stufenleiter der Tugenden“. Sie zeigt mit farbenprächtigen Details den Gegensatz zwischen himmlischer Ordnung – Engel, die in einer Reihe schweben – und höllischem Chaos, Menschen, die von gehörnten Kreaturen verfolgt und in den Abgrund gezogen werden. Dazwischen führt eine Leiter die Lebenden zum Himmelstor mit zwei roten Flügeltüren, die weit geöffnet sind, nach dem Motiv der aufgesprengten Türflügel. Beide Bilder sind Gemeinschaftsarbeiten der Gebrüder Sofronie unter dem Ikonenmaler Ioan aus Pangarati, entstanden 1595/96.

Maria Ana Musicescu: Das Kloster Suceviṭa, Bukarest 1965.
Jean Cuisenier: Das Gedächtnis der Karpaten, Marburg 2000.
Ecaterina Cincheza-Buculei: Pictura pronaosului bisericii mănăstirii Suceviţa, in: Studii şi Cercetări de Istoria Artei, 47, 2013, S. 175-227.

 

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