Schongauer-Nachfolger: Altar von Bühl/Buhl (um 1495)

Fast der ganze Ort Bühl (französisch Buhl) im Elsass lebt heute von seinem spätmittelalterlichen Altar, nach einer Untersuchung von 2002 war für 65 Prozent aller Besucher und Besucherinnen der Altar der Grund zur Anreise. Zahlreiche Hinweisschilder machen darauf aufmerksam, so dass niemand den Weg verfehlt. Der Altar befindet sich allerdings erst seit 1835 in der Pfarrkirche Saint-Jean-Baptiste von Bühl und war einst für das Kloster der Dominikanerinnen der hl. Katharina von Colmar angefertigt worden. 1469 hatte man bei Diebolt Lauber in Hagenau eine Handschrift angefertigt (heute im J. Paul Getty Museum, Los Angeles), die vermutlich eine Vorlage für den Flügelaltar darstellt. Der um 1495 geschaffener Altar, dessen Malereien ein Nachfolger von Martin Schongauer (der aus Colmar stammte und im Breisacher Münster das Neue Jerusalem thematisiert hatte) gestaltet haben soll.

Heute ist nicht allein der Ort, sondern auch die ganze Kirche von Bühl auf den Altar hin ausgerichtet, der dort wie ein Heiligtum präsentiert wird. Die meisten Besucher sehen von dem Kunstwerk lediglich die drei Schauseiten, die wie einzelne Monolithe den Altarraum dominieren und mit Motiven aus der Passionsgeschichte gestaltet sind.
Das Detail, welches hier das Neue Jerusalem präsentiert, findet man auf der Rückseite des insgesamt 700 x 197 Zentimeter großen zentralen Altargemäldes, wo ein Jüngstes Gericht zu finden ist (ähnlich wie auf dem etwas älteren Zwölfbotenaltar aus Rothenburg ob der Tauber). Links ist eine Himmelspforte zu sehen.

Diese besteht aus einer steil aufsteigenden Rampe, über der sich ein schmaler, rundbogiger Eingang andeutet. Nach rechts hin verliert sich die Mauer des Neuen Jerusalem und ist mglw. verlorengegangen. In seiner Einfachheit und Farblosigkeit steht die Himmelspforte in kaum verständlichem Kontrast zur übrigen Opulenz und Zierfreude des gesamten Altars. Schon bei den der Pforte gegenüber gesetzten Figuren wird dies ersichtlich. Petrus ist hier übrigens einmal nicht mit Schlüssel dargestellt, sondern er reicht dem Papst (an der Tiara zu identifizieren) versöhnlich die Hand, denn schließlich sind die Päpste laut römisch-katholischer Lehre die direkten Nachfolger von Petrus. Der Papst ist umgeben von weiteren Geistlichen, man sieht auch einen Bischof und Kardinal sowie mehrere Vertreter monastischer Orden. Obwohl auch die Nonnen das Altargemälde auf der Rückseite kaum zu Gesicht bekommen hat, wurde auf das Zeichnen der Physiognomien wie auch der Gewänder erstaunlich viel Wert gelegt.

 Roger Lehni: Le retable de Buhl, Colmar-Ingersheim 1974.
Anette Tenbrock: Das Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Colmar, in: Liber amicorum necnon et amicarum für Alfred Heit. Beiträge zur mittelalterlichen und geschichtlichen Landeskunde, Trier 1996, S. 189-202.

 

tags: Diebolt Lauber, Elsass, Frankreich, Altargemälde, Himmelspforte, Mönche, Spätmittelalter
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