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Friedrich Herlin: Zwölfbotenaltar in Sankt Jakob, Rothenburg ob der Tauber (1466)

Die Rückseite eines Altars bekamen die meisten Gemeindemitglieder über das Jahr nicht zu Gesicht. Lediglich in der Fastenzeit, wenn der Altar geschlossen wurde, wurde die Rückseite zur Vorderseite. Warum diese Seiten überhaupt künstlerisch bearbeitet wurden, ist nicht eindeutig zu beantworten. Jedenfalls sind die Malereien, die man hier findet, keinesfalls mit der höheren Qualität der Malereien oder Schnitzereien auf der Vorderseite zu vergleichen.

Öfters wurde im Mittelalter auf den Altarrückseiten das Jüngste Gericht zum Thema genommen. Dies ist auch der Fall beim Zwölfbotenaltar in Sankt Jakob in Rothenburg ob der Tauber (Mittelfranken). Es handelt sich bei diesem Kunstwerk um den mächtigen und prächtigen Hauptaltar im Ostchor der Kirche, was ein zusätzlicher Grund gewesen sein mag, warum gerade hier die Rückseite ausgemalt wurde. Das war im Jahr 1466. In diesem Fall kennen wir sogar den Meister namentlich: Friedrich Herlin (auch Friedrich Herlein, geb. um 1430, gest. um 1500 in Nördlingen), ein altdeutscher Maler. Von ihm sind auch zwei Altarflügel (Herlin-Altar) mit der Geburt Christi und der Anbetung der Könige in der Stadtkirche St. Blasius in Bopfingen (1472) sowie drei Altarflügel mit der Geburt Christi, der Anbetung der Könige und der Darstellung Jesu im Tempel in der St. Bonifatius-Kirche in Emmendingen (1473). Der Altar in Rothenburg ob der Tauber ist jedoch die früheste erhaltene Arbeit des Meisters. Er zeigt uns auf der Bildtafel mit der Pforte rechts übergroß Maria oder die Heilige Anna, die für die Auferstandenen bittet, welche dann links von Engeln und Petrus an der Himmelspforte empfangen werden. Diese Pforte ist derart einfach gestaltet, dass man auch vermutet hat, dass Herlin diesen Teil des Gemäldes gar nicht vollendet hat. So zeigt sich an der rechten Torlaibung ein Scharnier, doch eine dazugehörige Tür fehlt. Nach außen scheint die Architektur in ein Licht- oder Feuertor überzugehen. Von hoher Qualität sind jedoch die schlanken Figuren mit individueller Physiognomie, für die wahrscheinlich ein eigener Künstler Verantwortung trug, während Friedrich Herlin die Gesamtkonzeption oblag. Leider bricht sich gerade bei Petrus das Holz, so dass die Figur zweigeteilt wirkt.

Friedrich Haack: Friedrich Herlin. Sein Leben und seine Werke, Straßburg 1900.
500 Jahre St. Jakob Rothenburg 1485-1985, Rothenburg o. d. T. 1985.

 

tags: Altar, Rothenburg ob der Tauber, Württemberg, Himmelspforte, Spätmittelalter, Renaissance
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