Karl Heinz Wagner (1925-2019) war ein noch wenig bekannter Künstler, dessen Biographie daher einmal näher vorgestellt werden soll: Er wurde 1925 in Komotau (Sudetenland) geboren und erlernte bei den Kirchenmalern Brüder Hennlich die Mal- und Zeichenkunst. Nach der Vertreibung 1946 kam er nach Dietzenbach in Hessen. Dort lernte er 1947 ein Semester bei dem Tiermaler Heinz Rammelt und studierte 1958/59 drei Semester an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt am Main, unter anderem bei Walter Hergenhahn. Von 1970 bis 1984 war er Dozent an der Volkshochschule in Dietzenbach, wo er wohnte und sein Atelier führte. In dieser Zeit entstand sein Bild „Das neue Jerusalem“, ein Steindruck aus dem Jahre 1971. Religiöse Themen sind in dem vielfältigen Œuvre des Künstlers, der sich auf Porträts, Landschaften und Stillleben konzentrierte, die Ausnahme; Wagner führte dazu aus: „Die Anregung zu diesem Bild gab eine Predigt in Frankfurt, die sich mir einprägte. Von der neuen Herrlichkeit ist nur eine Ahnung zu sehen, ein Vorgeschmack, wie der Pfarrer sagte. Wie die Zerstörung aussieht, wissen wir, aber von dem Neuen kann man sich nur schwer ein Bild machen. Ich wollte da bewusst das Zeichnerische dem Malerischen gegenüberstellen“.
Unten sind auf dem Bild die roten, im Feuer zerstörten Ruinen der alten Welt zu sehen. Es sind zwei pyramidal zulaufende Gebilde, die sich gegenüber stehen – so in etwa sah der Frankfurter Römer 1945 aus, den Wagner noch so gesehen hatte. Über den Ruinen spannt sich zunächst ein blaues Wolkenband, über dem sich die Silhouette des Himmlischen Jerusalem abzeichnet. Diese Silhouette ist lediglich mit den Umrissen zweidimensional eingezeichnet, wie auf einem Teppich von Arthur Hermes, einer Zeichnung der Adventisten von 1965 oder später auf einer Batik von Christel Holl. Wenngleich auf den Türmen und Kuppeln auch Kreuze fehlen, so scheint es sich doch um eine Reihung sakraler Bauten zu handeln, die Wagner hier für das Neue Jerusalem zitiert.
Karl-Heinz Wagner – Malerei, Graphik. Ausstellung 7. Mai – 3. Juni 1972, Grossauheim 1972.
Karl Heinz Wagner. Malerei und Graphik, Offenbach 1992.
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