Diese Schrift, die man in der Französischen Nationalbibliothek (Paris) unter der Signatur Arsenal MS 5214 findet, ist in Westfrankreich während des 14. Jahrhunderts entstanden. Den Text der Apokalypse hat man in Anglonormannisch verfasst, was darauf hindeutet, dass dieses Exemplar für Adelskreise angefertigt wurde.
Unter insgesamt 69 Miniaturen ist das Himmlische Jerusalem drei Mal dargestellt. Zu dieser Zeit hatte sich dieser Dreiklang als fester Kanon herausgebildet (MS Français 403, MS 64, MS Add. 35166, usw). Es handelt sich zunächst um fol. 32v. Petrus steht vor der himmlischen Stadt, die etwa die gleiche Höhe wie er besitzt. Sie besteht aus grünlichen Mauerzügen, in die zwei noch geschlossene rote Tore gesetzt sind. Diese wurden nicht nebeneinander, sondern übereinander gesetzt, was ungewöhnlich ist und sich in dieser Form nur in Arsenal MS 5214 findet, in allen anderen Handschriften sind es entweder, ein, drei oder zwölf Tore.
Fol. 33v präsentiert Jerusalem als quadratische Stadt mit einer traditionellen, aber imposanten Reihung der Stadttore: Eine Seite der Stadt zeigt alle zwölf Tore. Sie alle sind fest verriegelt, die Scharniere der zweiflügeligen Türen sind gut zu erkennen. Die Wandpartien neben den Toren sind mit Edelsteinen in goldener Farbe geschmückt. Das quadratische Jerusalem hat eine blaufarbene Dachzone mit Gauben und schmalen Fenstern. Auf der linken Bildhälfte weicht Johannes erschrocken zurück, um dem von oben ins Bild brechenden Engel Platz zu machen. Dieser führt in der einen Hand einen Stab mit sich, um die Stadt zu vermessen. In der anderen Hand hält er ein Weihrauchfass – ein Element, das nicht mit dem biblischen Text übereinstimmt, aber einigen Darstellungen zum Neuen Jerusalem schon im 13. Jahrhunderts hinzugefügt wurde. Ein liturgisches Gerät dieser Art ist jedoch in dieser Stadt, die ja keinen Tempel besitzt, überflüssig. Vermutlich hatte einer der Illustratoren der Bodleian-Apokalypse erstmals diesen Gegenstand hinzugesetzt, und andere Kollegen haben diesen Einfall lediglich kopiert, ohne sich viele Gedanken darüber zu machen.
Fol. 34 zeigt die Stadt Jerusalem ein drittes Mal in neuer Gestalt. Man fragt sich, wie die Miniaturisten darauf kamen, die Stadt derart unterschiedlich zu entwerfen, ohne dass es dazu eine Veranlassung im Offenbarungstext gibt, denn dort ändert die Stadt ihre Gestalt keineswegs. Hier haben wir einen Turmbau vor uns, mit einer grünen Kuppel. Es könnte auch sein, dass dieser Bau oben offen ist und ein Baum aus ihm herauswächst. Ein zweiter Baum, ein Kaktus oder Sukkulent, findet sich rechts außerhalb der Stadt. Der Lebensfluss strömt hier nicht aus der Stadt, sondern aus der Mandorla, die von Jerusalem getrennt ist. Das Tor der Stadt ist noch immer verschlossen, es zieht sich jetzt durch alle Stockwerke nach oben bis an die Dachkante und teilt den eigenwilligen Fantasiebau in zwei Hälften.