
Diese um 1260 in Westminster entstandene lateinische Apokalypse samt Kommentar aus dem British Museum (MS Add 35166) zeigt das Neue Jerusalem der Reihe zunächst als belagerte Burg (27r), auf der unten Satan für tausend Jahre verschlossen ist (daher kommt der Begriff „Tausendjähriges Reich“, der heute nur noch ironisch auf das Dritte Reich und den Nationalsozialismus bezogen wird.
Des weiteren präsentiert MS Add 35166 die Stadt auch als Kirch als Kirche (fol. 28v). Sie wird von Gott aus der Mandorla rechts heraus der Johannesfigur präsentiert, die rechts auf einem stilisierten Felsen steht. Das Motiv von der Stadt Jerusalem, die von einer Hand Gottes an einem Faden herabgelassen wird, klingt hier an.
Als Festungsanlage findet man Jerusalem auf fol. 29r. In dieser Miniatur hält der Engel eines der Sieben Siegel in seiner Hand, mit der anderen packt er Johannes am Gewand – eine eigenartige Übergriffigkeit oder Missbrauchszene, die man so selten findet und die sich auch nicht auf die biblische Beschreibung berufen kann. Fels unter der Stadt findet man ein kleines Tierparadies: eine Maus, eine Eule, zwei Vögel, ein Affe und ein Kaninchen.
Dies deutet bereits auf die kommende Miniatur auf fol. 29v: die Stadt als Paradiesgarten. Hier hat sich die Stadt quasi geöffnet; man sieht noch das Fundament und eine kleine Pforte, doch dann setzt bereits ein Pflanzenbewuchs mit Sukkulenten ein, den Biologen exakt bestimmen können.
35166. The Apocalypse, in Latin, in: Catalogue of additions to the manuscripts in the British Museum in the years 1894-1899, London 1901.
Nancy L. Ross: ‚Forgotten Revelation: The iconic development of the Anglo-Norman verse and early prose apocalypse manuscripts, Cambridge 2006.
Ian Boxall: Patmos in the reception history of the Apocalypse (Oxford 2013.