Paul Ipsen (1746 – um 1810): Emporenmalerei der St. Marien-Magdalenen Kirche (um 1800)
Emporen sind ein durchaus passender Ort für eine Darstellung des Neuen Jerusalem, welches schließlich von oben herab aus dem Himmel kommt. Oftmals wählte man dann für die Emporen einen biblischen Zyklus von der Schöpfung oder von Adam und Eva bis zum Weltenende – das Erscheinen des Neuen Jerusalem war dann das letzte Bild in Nähe des Altars, wie in Ballendorf, Breitenholz oder Dorndorf. Das Emporenbild aus der evangelischen St.-Marien-Magdalenen-Kirche in Erfde (Schleswig-Holstein) ist dabei ein spätes Beispiel aus der Zeit um 1800. Stilistisch ist der Barock überwunden, der ruhige, klare Bildaufbau ist bereits dem Klassizismus verpflichtet, was auch für die anderen Emporenbilder dieser Kirche gilt. Der Bau hat nur auf der linken Seite (vom Altar aus gesehen, an der West- und Nordseite) eine hölzerne Empore, mit der das Fassungsvermögen der Kirche 1794 vergrößert wurde.

Auch die letzte Malerei hatte ursprünglich einen Titel und nannte die dazugehörende Bibelstelle, doch auch ohne diese Angaben dürfte klar sein, dass hier ein Engel (mit dem Maßstab) dem Johannes das Himmlische Jerusalem zeigt. Beide stehen in einer romantischen Fluß- oder Auenlandschaft, die Erscheinung im Himmel ist, anders als auf barocken Fassungen, eigentlich kaum zu erkennen; bei meinem Besuch wurde zunächst behauptet, man habe hier keine Darstellung des Neuen Jerusalem.

Teilweise verdeckt von den Wolken ziehen sich oben links dreieinhalb Tore entlang. Jedes der Tore hat einen Zugang. Dazwischen zieht sich eine Stadtmauer. Schmuck, Ornament oder Farbenpracht sucht man vergeblich, das Jerusalem von Erfte ist bescheiden und zurückhaltend. Auch Christus, Engel oder Heilige sucht man hier vergebens. Ohne die Figuren erinnert die Architektur etwas an einen Kupferstich des Hieronymus Wierix aus dem 17. Jahrhundert. Anhand stilistischer Merkmale wird davon ausgegangen, dass an der Ausmalung mehrere Maler beteiligt waren. Dasjenige mit dem Himmlischen Jerusalem jedenfalls ist ein Werk von Paul Ipsen (1746 – um 1810). Der Maler stammt von der nordfriesischen Hallig Oland und lebte viele Jahre in Kopenhagen, wo er sich als Marine- und vor allem Porträtmaler einen Namen machte. Gegen Lebensende entdeckte er die Religion, jetzt entstanden auch sakrale Werke. Er kehrte nach Flensburg zurück und verbrachte die letzten Lebensjahre in Erfde, wo sein Bruder Lorenz Ipsen viele Jahre Pastor war. Die persönliche Beziehung war sicherlich hilfreich, ihn als Maler für die Emporen zu gewinnen.
Hans Peter Stamp: Die St. Marien-Magdalenen-Kirche zu Erfde, in: Die Bauernglocke, 55, 7, 2019, S. 4-27.
Rosemarie Wulf: Die St. Marien-Magdalenen Kirche, Erfde 2002.



