Jaroslav Šerých (1928-2014): Grafik „Neues Jerusalem“ (1998)

Der tschechische Maler, Grafiker, Bildhauer und Illustrator Jaroslav Šerých (1928-2014) hatte Malerei bei Vlastimil Rada an der Akademie der bildenden Künste in Prag und an einer speziellen Grafikschule bei Vladimír Pukla und bei Vladimír Silovský studiert. Der kreative Ausdruck des Autors reifte in den 1960er Jahren in der tschechischen Informel-Bewegung und soll einen Ausdruck abstrakter Lyrik aufweisen. In seinen Grafiken entwickelte Šerých einen eigenen strukturellen Stil mit Elementen expressiver Abstraktion. Am häufigsten verwendete er Hell-Dunkel-Radierungen und Kaltnadelradierungen. Jaroslav Šerých stellt seit Anfang der 1960er Jahre aus und ist in der Nationalgalerie in Prag, der National Gallery of Art in Washington, den Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, der Collezione d’arte religiosa moderna in Rom sowie in vielen anderen Institutionen und Sammlungen vertreten.
Diese Grafik entstand im Jahr 1998 unter dem Titel „Nový Jeruzalém“ als Mischtechnik auf 42 x 29 Zentimeter großem Papier (sieben Einzelblätter, Auflage 100 Exemplare). Das hiesige Blatt befindet sich in der Stadtbibliothek von Prag. Später wurde ein anderes Blatt von der tschechischen „Galerie 09“ (Olomouc) unter dem Titel „Sternenlicht“ angeboten, um die größere Zahl der nicht speziell christlichen Sammler oder Kunstliebhaber anzusprechen. Ohnehin ist es eine Ausnahme im Œuvre des Künstlers, der sich kaum mit Sakralkunst beschäftigt hatte. Allein zur Apokalypse jedoch hat er 1998 einen ganzen Zyklus herausgebracht.
Auch in der Bildkonzeption, unabhängig vom Titel, kann man das Neue Jerusalem durchaus erkennen: Im unteren Drittel markieren Balken in dunkelblauen, roten und hellblauen Schraffuren das Edelsteinfundament. Dieses Fundament ist einmal durch weiße Zacken unterbrochen, wo sich offensichtlich ein Zugang befindet, der aussieht wie ein Einschlag oder eine Sprengung. Darüber finden sich zwei Jerusalems-Merkmale: Linien deuten eine Pyramide an, die ja einer der beiden Formen des Neuen Jerusalem (neben dem Kubus) sein kann. Außerhalb der Pyramide setzt ein Kranz goldgelber Striche an und verbindet sich zu einer Gloriole. Beide Merkmale befinden treten über den Rand der Zeichnung hinaus, da das komplette Jerusalem mehr als doppelt so groß wie der hiesige Ausschnitt sein soll.

Zjevení sv. Jana – Jaroslav Šerých, Praha (1998).
Miroslava Hlaváčková, Kresby Jaroslava Šerých, Petr Piťha: Jaroslav Šerých kresby, drawings, dessins, Zeichnungen, Praha 2010.
Lenka Bydžovská: ‚…a viděl jsem nové nebe a novou zemi…‘. Apokalypsa a umění v českých zemích, Praha 2023.

 

tags: Tschechien, Apokalypsezyklus, Pyramide, Informel
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