
Greetje van Beusichem-Husen (geb. 1941): „Pilger auf dem Weg in das neue Jerusalem“ (1998)
Pilgrim‘s Progress ist eigentlich ein Thema des 19. Jahrhunderts und des Buchdrucks; etwas selten ist das Thema im 21. Jahrhundert aufgegriffen worden, noch seltener als freie Malerei. Im hiesigen Fall erinnert die Stilistik an den Art Deco zu Beginn des 20. Jahrhunderts – geschaffen worden ist dieses Kunstwerk jedoch im Jahr 1998. Kurz zuvor waren einige neue Edition von Pilgrim‘s Progress auf den Markt gekommen, mit Werken von Vic Mitchell (1983), Alan Parry (1985), Albert Wessels (1992), Ruth Faye Cantelon (1994) – ob eines dieser Werke zur Anregung dienten, ist nicht bekannt, das Thema hatte in den 1990er Jahren jedenfalls wieder Konjunktur.
Im unteren Bereich sind hier gleich drei Pilger zu sehen – von der Rückseite, was dazu führt, dass der Betrachter in das Bild mit einbezogen wird und sich gut mit dieser Gruppe identifizieren kann. Im Gegensatz zur Tradition, die einen hageren Pilger in zerschlissener Kleidung kennt, sind die Pilger hier gut genährt und mit fester Kleidung bestens für das Kommende gewappnet. Statt einen schweren Rucksack tragen sie Pilgerflaschen, die alle mit einem lateinischen Kreuz ausgezeichnet sind. Vor ihnen liegt ein breiter Weg, der zu zwei Torbögen führt. Unterbrochen ist der Weg allein durch eine Menora, die im Roman nicht vorkommt und dem Ganzen etwas Surreales verleiht. Geheimnisvoll und fremdartig sind auch die Elemente über der Pforte: mehrere Zylinder, dann weiße Kugeln, darüber eine größere gelbe Kugel, vielleicht ein Gestirn? Eine weitere, noch gewaltigere Kugel dominiert die linke Seite. In ihr erscheint das Himmlische Jerusalem, in einer ähnlichen Architektur. Auch hier ist der Dachbereich wichtiger als der restliche Bau, er besteht aus zahlreichen gelben und weißen Kugeln unterschiedlicher Größe. Man denkt sogleich an das Wiener Sezessionsgebäude von Joseph Maria Olbrich.
Das Bild ist unten rechts mit dem Vornamen der Künstlerin signiert und datiert. Es ist von Greetje van Beusichem-Husen (geb. 1941) aus den Niederlanden. Sie arbeitete für den Allgemeinen Diakonischen Rat der Niederländisch Reformierten Kirche und war Heilsarmee-Mitglied in Utrecht. In der zweiten Hälfte ihres Lebens entdeckte sie ihr künstlerisches Talent und spezialisierte sich auf Stillleben, Ikonen und Mediationsbilder.