Steinerne Immaculata Conceptio bzw. Tota Pulchra aus Blot l’Église (um 1510)

Eine der besterhaltenen steinernen Litaneien findet sich noch heute an seinem Originalstandort im rechten Eingangsbereich der römisch-katholischen Kirche in Blot l’Église, einem Örtchen in der Region Auvergne. Die Litanei wurde in eine steinerne Tafel gemeißelt, die die Funktion hatte, dass Kirchenbesucher hier beim Verlassen nach der Messe noch ein kurzes Gebet sprechen oder Fürbitte halten konnten.

Lediglich am Kopf der stehenden Marienfigur musste eine Reparatur vorgenommen werden, ansonsten ist der Erhaltungszustand bestens. Zusammen mit einer ähnlichen Bildhauerei aus Notre Dame zu Bar-le-Duc und aus dem Museum von Semur-en-Auxois gehört dieses Werk zu den ältesten steinernen Litaneien, die um 1510 entstanden sind.

Ihr Titel lautete Immaculata Conceptio oder Tota Pulchra. Der Aufbau ist zunächst immer gleich. Im hiesigen Fall findet man die Himmelspforte an der linke Seite mittig und die Civtitas Dei an der rechten Seite unten, wo sich ein Besucher mit der Zahl „1784“ verewigt hat. Lebendige Details beleben nicht nur dieses Symbol, das die Reinheit Mariens belegen soll. So findet man zwischen den steilen, abweisenden Stadtmauern eine Rundbogenpforte, in die wiederum eine zweite rechteckige Tür eingearbeitet ist. Oben reihen sich Häuser mit Satteldächern samt Kaminen aneinander, aus einem dieser Kamine steigt Rauch empor. Auch die Himmelspforte hat ein Rundbogentor, des weiteren oben links ein offenes und gegenüber ein geschlossenes Fenster.

Es ist gesichert, dass dieses Symbol die Himmelspforte darstellt. Ursprünglich waren alle Symbole lateinisch beschriftet, allein die Schriftbänder haben sich heute erhalten. Auch war das gesamte Objekt farbig bemalt. Vorbild waren ähnliche farbige Abbildungen aus den Stundenbüchern, die vor allem in Frankreich populär waren, beispielsweise MS Français 2225 oder die Ausgaben von Simon Vostre. Ende der 1980er Jahre kam eine Diskussion auf, ob man die Steintafel von Blot l’Église nicht wieder koloriert, da sich Spuren der Originalfarbe erhalten haben. Dazu konnte man sich nicht durchringen. Man hat jedoch nach wissenschaftlichen Grundsätzen 2021 eine Malerei angefertigt, die einen Eindruck vermittelt, wie das Werk einst ausgesehen haben soll.

Jacques Baudoin: La sculpture flamboyante en Auvergne, Bourbonnais, Forez, Nonette (1998).

 

tags: Maria Immaculata, Tota Pulchra, Auvergne
Share:
error: