
Stundenbücher waren seit dem Spätmittelalter eine beliebte Buchgattung, in der das Himmlische Jerusalem seinen festen Platz hatte. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts erlebte das Stundenbuch im Rahmen der Lauretanischen Litanei eine neue Renaissance. 1507 erschien in Paris erstmals ein Stundenbuch mit einem Frontispiz von Simon Vostre (nachgewiesen zwischen 1486 und 1518). Es handelt sich bei dem kolorierten Holzschnitt von fol. 131 um eine Darstellung vom Typus Anna selbdritt, also der heiligen Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesusknaben, um die die Symbole Mariens nach der Lauretanischen Litanei hinzugefügt wurden.
Auf dem Bild ist auf der rechten Seite oben die offene Porta Celi, also die Himmelspforte abgebildet, unten auf der gleichen Seite rechts die Civitas Dei in einer überraschend ähnlichen Gestaltungsweise als offenes Tor mit zwei wuchtigen Türmen samt Kuppeln und einem Zeltdach, das diese beiden Türme verbindet. Lediglich im Hintergrund links ist der Ansatz einer Stadtmauer eingefügt, darüber deuten einige Dächer auf eine weitere Bebauung. Eigentlich kann man die beiden Darstellungen nur Dank der lateinischen Beschriftung als Porta Celi (Porta Coeli) oder als Civitas Dei bestimmen.
Nach dem Erstdruck erschienen immer wieder Folgeauflagen, die dieses Werk zu dem vielleicht am weiten verbreiteten Stundenbuch überhaupt machten. Nicht alle Auflagen waren koloriert, eine Fassung von 1518 (ebenfalls Paris) zeigt die Drucke noch ohne Farbe und war dementsprechend preiswerter.
Jules Renouvier: Des gravures sur bois dans les livres de Simon Vostre, libraire d’Heures, Paris 1862.
Mirella Levi D’Ancona: The iconography of the immaculate conception in the Middle Ages and early Renaissance, New York 1957.
Paul Eich: Empfängnis Mariä, unbefleckte, in: Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte, 5, Stuttgart 1967, Sp. 242-259.
Claus Bernet: Maria Immaculata: Das katholische Jerusalem, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 14).