Lob Mariens (um 1490)

Ein frühes Bildbeispiel für den im 15. Jahrhundert neuen Frömmigkeitstypus „Maria Immaculata“ findet man auf fol. 17v in einem „Französischem Marienlob“, einer Handschrift der Zeit um 1490, die heute in der Französischen Nationalbibliothek aufbewahrt wird (unter der Signatur Français 2225). Sie bezieht sich auf die Lauretanische Litanei und ihre Erwähnung verschiedener Symbole, die dem Lob der Reinheit und der Tugend Mariens dienen. Diese Darstellungsweise sollte in den folgenden Jahrhunderten eine ungeheuerliche Popularität beschieden sein.
Bei dieser vielleicht frühesten Darstellung in einer Handschrift, bereits oben als „Tota pulchra“ beschriftet, zeigen zwei Miniaturen das Himmlische Jerusalem pars pro toto. Da ist zunächst die Himmelspforte links neben dem Haupt Mariens. Dank der lateinischen Beschriftung „Porta celi“ ist auch wirklich geklärt, was hier dargestellt ist. Der unbekannte Miniaturist zeigt ein kompaktes Stadttor, dessen zwei Seitentürme kaum größer als die rundbogige Pforte dazwischen ist. Wie fast alle übrigen Symbole ist es in einer goldimitierenden Farbe gehalten.
Rechts unten ist noch die Civitas Dei, also die Gottesstadt eingefügt. Sie besitzt mächtige Mauern und Bastionen, ein Zugangstor wurde weggelassen. Da hier die Dächer die gleiche blaue Farbe wie der Hintergrund haben scheint es, als würden die oberen Türme über den Mauern schweben.

2225. Louenges à Nostre Dame, in: Bibliothèque impériale – Département des manuscrits. Catalogue des manuscrits français, 1, Paris 1868, S. 387.
Mary B. Winn: ‚Louenges‘ envers Louise. Un manuscrit enluminé d’Anthoine Vérard pour Louise de Savoie, dans Livres et lectures de femmes en Europe entre Moyen Âge et Renaissance, Turnhout 2007.
Claus Bernet: Maria Immaculata: Das katholische Jerusalem, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 14).

 

tags: Tota Pulchra, Maria Immaculata, Französische Nationalbibliothek Paris, Frankreich, Porta Coeli, Civitas Dei, Spätmittelalter, Spätgotik
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