Die letzte (erhaltene) Arbeit des russischen Universalgenies Nicholas Roerich (1874-1947) zum Thema Himmlisches Jerusalem wurde im Jahr 1920 unter dem kurzen prägnanten Titel „Wächter“ vorgelegt. Einmal mehr nimmt er Bezug auf sein Werk „Engelsschatz“ von 1905, bei dem die Wache durch bewaffnete Engel eine hervorgehobene Rolle spielt – offensichtlich ein besonderes Thema für Roerich, der sich ansonsten für Frieden und Völkerverständigung einsetzte. Zwischen beiden Werken hatte sich jedoch Entscheidendes geändert: Roerich hatte inzwischen seine Heimat verlassen und war in die USA emigriert, wo dieses Werk der Größe 91 x 91 Zentimeter in New York entstanden ist.
Die quadratische Ölmalerei ist stilistisch wie thematisch an ältere Ikonenmalereien angelehnt. Jerusalems Eingang, ein einfaches Rundtor in der rotfarbenen Stadtmauer, was auf Ziegelwerk verweist, wird von einem Ritter bewacht, gleichzeitig von zwei Drachen bedroht, womit klar wird, weshalb die Bewaffnung notwendig ist. Sein wehendes rotes Gewand ruft den Eindruck hervor, es würde sich um einen Engel handeln. Die Drachentiere sieht man kaum, da sie die gleiche Farbe wie die rote Stadtmauer haben. Hinter der Mauer ist die runde Stadt eng angefüllt mit zahlreichen vertikalen Bauten und einer orthodoxen Kirche in der Mitte. Die Bewohner der Stadt befinden sich direkt über ihr, wo Heilige auf einer breiten Wolke zwischen Sonne (links) und Mond (rechts) versammelt sind. Es sind vor allem Priester in schmuckvollen Gewändern und langen weißen Bärten, die hier zusammengefunden haben.
William Ritter: Artisti contemporanei. Nicolas Roerich, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d’arte e di cultura, 31, 1910, S. 163-178.
Edgar Lansbury: Nicholas Roerich, 1874-1974, New York 1974.
Jacqueline Decter: Nicholas Roerich. Leben und Werk eines russischen Meisters, Basel 1989.
Nicholas Roerich. From the collection of the International Centre of the Roerichs, Moscow, Aschau 1997.
Andrew Tomas: Nikolaus Roerich. Künstler und Lehrer, Aschau 1999.