St. Benedikt in Ebenhausen südlich von München wird derzeit profaniert, ich hatte unmittelbar vor Schließung der römisch-katholischen Kirche noch Gelegenheit, die dortigen Wandmalereien ein letztes Mal anzusehen und zu dokumentieren. Die Erzdiözese München/Freising erklärte dazu: „Das asbesthaltige Dach und die durchfeuchtete Bausubstanz würden keine 60 Jahre nach Einweihung eine Instandsetzung erfordern, die finanziell nicht leistbar ist. Die Profanierung von St. Benedikt ist beschlossen und steht bevor. Genauere Umstände sind aktuell in der Klärung“. In der schweren Nachkriegszeit war die Kirche in der Lage, massenweise Grundstücke zu erwerben und neue Gebäude zu errichten – heute ist sie nicht willens, das Geld für eine Dachsanierung aufzubringen.
Das für den Ort heute zu große Gebäude wurde von 1961 bis 1965 durch den Architekten Hans Heps errichtet. Blickfang war von Beginn an das mehrere Quadratmeter große Fresko im Altarraum, das das Himmlische Jerusalem zum Thema hat. Offensichtlich ist die Darstellungsweise heute für viele Besucher ungewohnt oder gar unverständlich, denn man hat extra ein Flugblatt herausgebracht, das dieses Kunstwerk näher erläutert. So sollten hier nur diejenigen Motive aus der Apokalypse zur bildlichen Darstellung gebracht werden, die der liturgischen Feier entsprechen würden. Der Künstler Franz Nagel (1907-1976) von der Akademie der Bildenden Künste München, der zuvor schon ähnliche Arbeiten in St. Wolfgang zu Landshut (1957) und in einer Kapelle des Kardinal-Döpfner-Hauses (1965) vorgelegt hatte, entschloss sich hier für einen warmen Ockerton vom lichten Neapelgelb bis zur ungebrannten Siena. Irrtümlich ist öfters zu lesen, Nagel habe für Ebenhausen eine abstrakte Lösung gefunden, was unzutreffend ist – Nagel arbeitete hier, wie auch bei den Fenstern dieser Kirche, konkret figürlich. Daher begründete er auch seine Farbwahl damit, dass dadurch die Straßen aus Gold angedeutet sein sollen. Auf dieser gelben Mosaikfläche, in denen auch der Baum des Lebens mit seinen zwölf Früchten eingearbeitet ist, stehen isoliert einzelne Blöcke. Diese ähneln Monolithen. Sie wurden mit aramäischer Schrift versehen, die die israelitischen Stämme auflisten. Insgesamt umschließen diese Monolithe ein Viereck, in dem der Thron Gottes und das Lamm mit den sieben goldenen Hörnern zu finden ist, alles selbstverständlich figürlich. Es handelt sich bei den Hörnern ein Detail, welches eigentlich zu Johannesoffenbarung Kapitel 5, Vers 6 gehört und in diesem Kontext der Gottesstadt eher ungewöhnlich ist, aber auf modernen Darstellungen immer wieder ein Thema ist (vgl. Gemeindehaus von Oberhausen, St. Ursula in Bremen, St. Marien in Neuss). Der Thron Gottes ist durch eine eingelegte Silbermosaik-Platte ungefähr in der Mitte angeordnet. Von ihm geht der Fluss des Lebens aus und strömt nach unten, eigenartigerweise in roter Farbe, was mehr wie ein Gewand aussieht. Der Künstler entkräfte es mit einem Verweis auf Hebräerbrief Kapitel 12.
Kath. Pfarramt Schäftlarn (Hrsg.): Sankt Benedikt in Ebenhausen, Isartal, Landau/Isar 1965.
Diözese Augsburg (Hrsg.): Der Monumentalmaler Franz Nagel 1907-1976, Augsburg 1979.
Franz Nagel: Unser Altarbild, o.O., um 2010.
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