Thomas Sinclair (um 1805-1881): „Pictorial Pilgrim’s Progress“ (1862)

Der frühneuzeitliche Roman „Pilgrim’s Progress“ war in den USA bald so beliebt, dass sogar Bildtafeln zu diesem Werk erschienen. Sie konnten unterschiedlich verwendet werden, etwa zum Schmuck der Wohnung oder des Hauses, als Geschenk oder zum Ausschneiden und Bemalen für Kinder. Eine dieser Bildtafeln ist „Pictorial Pilgrim’s Progress“, die 1862 John J. Eberle in Lancaster (PA) herausbrachte und die sich heute in der Library of Congress in Washington befindet (PAGA 7, no. 3755).  Die Gesamtgröße der Tafel, auf der 32 Einzelbilder Platz fanden, beträgt 92 x 122 Zentimeter.
Eberle verwendete dazu Kupferstiche von Thomas Sinclair (um 1805-1881) aus Schottland, der sich wiederum an populäre Darstellungen seiner zeitgenössischen Kollegen orientierte bzw. sie kopierte.

Das Himmlische Jerusalem spielt bildlich bei drei Tafeln eine Rolle, es beginnt mit „Christian and Hopeful crossing the river“ („Christian und Hoffnung überqueren den Fluss“, zweite Reihe, siebtes Bild). Diese Szene wird traditionell mit dem Neuen Jerusalem in Verbindung gebracht, welches hier rechts oben mit wenigen vertikalen und horizontalen Strichen skizziert ist. So entsteht eine Mauer, auf die mehrere Bauten mit Kuppeln und Satteldächern gesetzt sind (ähnlich wie in der Ausgabe Boston 1854 und einer dänischen Ausgabe von 1862).

Die sich daran anschließende Illustration (zweite Reihe, achtes Bild) wiederholt im Prinzip diese Stadtdarstellung, diesmal unter dem Titel „They enter the Celestial City“ („Sie betreten die Himmlische Stadt“). Die Stadt ist allerdings angewachsen, und der Wolkenkranz, der sich zuvor noch um die zwei Personen unten zog, legt sich nun um die Stadt. Im Gegensatz zu dem missverständlichen Titel kann vom Betreten der Stadt noch keine Rede sein, Christian und sein Begleiter Hoffnung stehen noch unten auf der alten Erde.

Es folgt noch „Christian is received by Goodwill“ („Christian wird von Gutwill empfangen“, vierte Reihe, viertes Bild), was inhaltlich eigentlich früher kommen müsste. Diese Torszene ist vielleicht am bekanntesten und am häufigsten dargestellt worden. Sinclair folgt hier der traditionellen Darstellungsweise: Ein Petrus ähnlicher Torwächter öffnet eine schmale Pforte, vor der der beladene Pilger Einlass erhofft. Blicke und Emotion machen den Reiz dieser Szene aus.

 

Das Jahr 1862 war der Produktion von „Pictorial Pilgrim’s Progress“ besonders förderlich, denn in diesem Jahr, genaugenommen am 29. Mai, erschien noch ein weiteres Blatt mit acht Bildtafeln, welches sich in der British Library in London erhalten hat. Herausgebracht wurde das Einzelblatt von H. H. Lloyd & Co. in New York. Wer der daran beteiligte Künstler der romantischen Zeichnungen war, ist nicht bekannt. Stilistisch ergeben sich keine Ähnlichkeiten zu Thomas Sinclair, der als Illustrator hier ausscheidet.
Die zweite Tafel der linken Spalte zeigt den Pilger an der engen Pforte. Auch hier liegt viel Dramatik und Emotion in der Begegnung der beiden Personen. Bedroht werden sie von insgesamt vier Teufeln, von denen der eine in der Luft an einen abgefallenen Amor erinnert (wie schon in der Ausgabe Boston 1850). Einer am Boden schaut grimmig zu und hat den Kampf bereits aufgegeben.

 

tags: USA, Pennsylvanien, John Bunyan, Pilgrim's Progress, Bildertafel, Library of Congress, Washington, Teufel, British Library London
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