
Ein unter architekturhistorischen Aspekten interessantes Himmlisches Jerusalem bietet dem Betrachter das Wandgemälde in der Kirche St Thomas in Salisbury. Es ist eines der wenigen Beispiele, wo Jerusalem sich als Stadtlandschaft unterhalb der Dachzone über dem Chorbogen ausbreitet, und zwar zu beiden Seiten von Christus Pantokrator, der in der Mitte als Richter auf einem zweifachen Regenbogen thront. Das einfallende Licht aus mehreren Fenstern des Bauwerks sorgt dafür, dass dieser Bereich immer gut beleuchtet und sichtbar ist. Ein unbekannter Künstler führte das Werk um 1475 aus. Es war möglicherweise ein Maler, der Arbeiten in Flandern kennen gelernt hatte. Dort konnte er bereits Bauten sehen, die im Übergang von der Gotik zur Renaissance standen.
Dieses Wandgemälde hatte das Glück, im Jahr 1593 übertüncht zu werden und so Jahrhunderte konserviert zu sein. 1819 entdeckte man Farbreste und begann, erste Stellen freizulegen. Die Funde wurden dann dokumentiert und verschwanden wieder unter einer neuen Tünche. Erst 1881 entschloss man sich, die Deckfarbe endgültig abzunehmen und die Farbmalereien in Öl nachzuzeichnen. Damit ist heute nicht ganz klar, welche Partien mittelalterlich sind und welche 1881 ergänzt wurden. Möglicherweise ist die gesamte Stadtdarstellung eine gut gemeinte Erfindung des Viktorianismus.
Albert Hollaender: The doom-painting of St Thomas of Canterbury, Salisbury, in: Wiltshire archaeological and natural history magazine, 50, 1943, S. 351-370.
Nigel McCulloch: St Thomas’s church, Salisbury, o. O. 1984.
Rodney Maude: St Thomas’s church, Salisbury, Salisbury, um 1985.
Beitragsbild: Richard Avery, Medieval painting, St Thomas’s Church, Salisbury UK, CC BY-SA 4.0