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Meister von Sankt Severin: Kölner Weltgerichtsdarstellung (um 1488)

Für das Rathaus der freien Reichsstadt Köln wurde um das Jahr 1488 eine Weltgerichtsdarstellung angeschafft. Es gehört damit zu den frühen Gerichtsbildern, wie etwa die Würzburger Tafelmalerei, das Basler Gerichtsbild oder dem Gerichtsbild der Stadt Diest. Ausgeführt wurde die Kölner Ölmalerei dann vom Meister von Sankt Severin, einem im Köln des Mittelalters bis um 1520 tätigen spätgotischen Maler, dessen wahren Namen wir nicht kennen. Es dürfte aber einer der zu seiner Zeit besten Meister am Ort gewesen sein. Es wird vermutet, dass dieser Meister sich als Beter links unten im Bild porträtiert hat.
Das Bild wurde 1829 als Stiftung von Johann Peter Weyer für das Kölner Wallraf-Richartz-Museum erworben (dort Inventarnummer WRM 0183). Aufgrund seiner außerordentlichen Qualität ist es Teil der ständigen Mittelaltersammlung und repräsentiert die Weltgerichtssammlungen, von denen das Museum eine ganze Reihe von Beispielen in unterschiedlichem Zustand und aus verschiedenen Zeiten aufbewahrt. Die linke Hälfte des insgesamt 166 x 145 Zentimeter großen Bildes zeigt unter dem thronenden Christus die Heilige Maria, die für die Geretteten bittet, eine Abwandlung des älteren Typus der Schutzmantelmadonna. Offensichtlich ist das Bitten erfolgreich, denn hinter ihr strömt bereits eine beachtliche Zahl von Menschen in die Himmelspforte. An Kleidung lassen sie sich nicht mehr unterscheiden, jedoch zeigen die Personen außergewöhnliche Haartrachten und Frisuren, die etwas über die Mode des Spätmittelalters verraten. Die Pforte des Neuen Jerusalem zieht sich am gesamten linken Bildrand von unten nach oben entlang, wächst zu einem gotischen Kirchenbau, über dem ein Engel die Posaune des Jüngsten Gerichts bläst. Mit Skulpturen, Krabbenornament und einer Balustrade ist die Pforte überaus reich und prächtig ausgestattet und präsentiert eine Alternative zu vielen hölzernen, einfachen Pforten, die andere Malereien zeigen. Der manieristische Zug des Meisters zeigt sich auch in der Darstellung des Engelsflügel, der ein kleines Kunstwerk für sich darstellt. 

Frank Günter Zehnder: Katalog der Altkölner Malerei, Köln 1990.
Peter Jezler (Hrsg.): Himmel, Hölle, Fegefeuer, München 1994 (2). 

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tags: Köln, NRW, Rheinland, Gerichtsdarstellung, Rathaus, Spätmittelalter, Wallraf-Richartz-Museum, Manierismus
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