Franz Pauli (1927-1970): Elisabethkirche in Ahlen (1966) und St. Vitus in Messinghausen (1968)
Die monumentalen Glasfenster in Sichtbeton in der römisch-katholischen Elisabethkirche in Ahlen im südlichen Münsterland entwarf der Künstler Franz Pauli (1927-1970). Hergestellt wurden sie im Jahr 1966 in der Glaswerkstatt Dr. H. Oidtmann in Linnich für die Kirche im Bistum Münster. In dieser Stadt hatte Pauli kurz zuvor für St. Stephanus Fenster entworfen, die überaus gelobt wurden und zu weiteren Aufträgen im Bistum führten.
Die meterhohen Fenster sehen aus wie elektrische Schaltkreise, was in der Kunst Mitte der 1960er Jahre eine beliebte Darstellungsform gewesen war. Horizontale und vertikale Linien wie auch serielle Wiederholungen kennzeichnen das ungewöhnliche Werk. Ganz oben im Giebel in der Mitte des nördlichen Glasbandes, oberhalb der Orgel am Ausgang links, ist in warmer, goldgelber Farbe das schwarze Auge Gottes über der Stadt angedeutet. Diese ist in gelben, weißen und schwarzen Scheiben quadratisch gestaltet, wobei das Auge Gottes zur Hälfte in die obere Stadt hineinragt. Davon abgesetzt stehen unten einige blockartige Stadttore. Diejenigen links haben eine einheitlich weiße, diejenigen rechts eine gelbe Farbe. Es sind einfache Rechtecke, deren Pfeiler mit vertikalen Linien strukturiert sind. Immer wieder sind in die Zwischenräume Raster eingefügt, die in Form und Farbe variieren. Eine farbige, helle Stadtvision ist hier aber nicht vorzufinden, sondern Franz Pauli konfrontiert mit einer technizistischen Dystopie in dunklen Tönen. In der Gemeinde hat das Fenster den Titel „Das Lamm im Himmlischen Jerusalem“, obwohl das Lamm auf dem Fenster gar nicht dargestellt wurde.
Walter Stanke: Franz Pauli zum Gedenken (1970), in: Schlesien, 15, 2, 1970, S. 121.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 2, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 16).
Parallel zu seinen Entwürfen für Ahlen arbeite Pauli an Fenstern für die neue Kirche St. Vitus in Messinghausen bei Brilon im Sauerland. Damals lies man von der alten Dorfkirche, nur nach erheblichen Widerständen aus der Gemeinde, lediglich den Turm stehen. Ursprünglich war vorgesehen, den Neubau mit einem Betonturm abzuschließen, was dann aus Kostengründen aufgegeben wurde.
Das Jerusalems-Fenster, entworfen 1968, war für einen rückwärtigen Zwickel dem Altar gegenüber vorgesehen. Auch hier arbeitete Pauli mit Glasbrocken in weißer und gelb-roter Färbung, so dass das Fenster auch als Glasmosaik bezeichnet wird.
Von unten nach oben zeigt es die Gerichtswaage, dann in zwei Zonen jeweils sechs Tore der Stadt und darüber als Abschluss den Thron Gottes, für manche auch die göttliche Präsenz, obwohl hier auf figürliche Gestaltung wie Christus, Lamm oder Gottvater verzichtet wurde, wie übrigens auch auf Engel oder Bewohner. Das Fenster lebt ganz aus seinen Formen, Personen, ob göttlich oder menschlich, findet man nicht.
Bei dem Kunstwerk sollte man, wie übrigens auch in Ahlen, die Konstruktion bewusst wahrnehmen. Nach der Kunstideologie jener Jahre sei dies eine besondere Ehrlichkeit und die eigentliche Schönheit eines Baues. So wurde der Beton unverputzt und unbemalt belassen. Man kann in St. Vitus bei allen Fenstern auch die Träger, Scharniere und Halterungen aus Messing sehen. Je nach Beleuchtung sind sie deutlich zu erkennen oder verschwinden gänzlich in der Dunkelheit. Für technisch Interessierte ist das Fenster eine seltene Gelegenheit, einmal die baulichen Möglichkeiten der 1960er Jahre zu studieren.
Alfred Bruns: Messinghausen. Orts- u. Schützenchronik 1835-1985, Messinghausen 1985 (2).
Heinrich Otten: Der Kirchenbau im Erzbistum Paderborn 1930 bis 1975, Paderborn 2009.