Artus Désiré (um 1510-1579): Glaubensburg (1550)

Im Jahr 1550 erschien in Rouen die Schrift „Ensemble la description de la Cité de Dieu assiégée des hérétiques“ („Beschreibung der belagerten Festung Gottes“) aus der Feder des römisch-katholischen Priesters Artus Désiré (um 1510-1579). Eine einfache Illustration eines unbekannten Künstlers zur sog. Glaubensburg, wie dieser Darstellungstyp in der Literatur genannt wird, ist in dem Werk auf S. 310 und S. 325 gleich zwei Mal zu finden, als identischer Holzschnitt. Die Stadt trägt hier deutlicher als bei vorangegangenen Glaubensburgen die Züge des Himmlischen Jerusalem: Die Anlage ist quadratisch. In den vier Eckbastionen sind die Symbole der vier Evangelisten Johannes, Matthäus, Lukas und Markus zu erkennen. Mit zahlreichen Wohnbauten ist die Anlage nun auch als Stadt charakterisiert. Auffällig ist ihr zentraler hoher Turm, der die Aufschrift „Charite“ (Caritas, Nächstenliebe) trägt, wie übrigens schon im Mittelalter das Himmlische Jerusalem auf Miniaturen bezeichnet wurde. Andere Allegorien des Holzschnitts nehmen auf monastische Tugenden – wie Demut, Geduld, Keuschheit – Bezug. Jerusalem wird von außen gleich von vier Seiten angegriffen, im Osten von Arianern, im Süden von Katharern, im Westen von Priscillianern und im Norden von Lutheranern – aus Sicht des katholischen Verfassers alles Ungläubige und Häretiker, die vernichten wollen und vernichtet werden müssen.

Merle Fifield: The French manuscripts of La Forteresse de la Foy, in: Manuscripta, 16, 2, 1972, S. 98-111.
Franz Reitinger: Kampf um Rom, in: Götz Pochat, Brigitte Wagner (Hrsg.): Utopie, Graz 1998, S. 100-139.
Claus Bernet, Klaus-Peter Hertzsch: Martin Luther in seiner Zeit – und das Himmlische Jerusalem, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 40).

 

tags: Gegenreformation, Holzschnitt, Glaubensburg, Häretiker, Belagerung, Festung
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