
Das Motiv des belagerten Himmlischen Jerusalem findet sich vor allem in der Frühen Neuzeit, und es wurde populär über Ecclesiae-Darstellungen des frühen 16. Jahrhunderts. Eine der ersten Beispiele ist „Typus Ecclesiae“. Sie wurde von dem Monogrammisten „H. S. mit dem Kreuz“ entworfen und in vielen Schriften von dem katholischen Theologen Hieronymus Dungersheim (1465- 1540) als eine Art persönliches Emblem verwendet. Erstmals findet man es in dem Leipziger Druck „Confutatio apologetici cuiusda[m] sacre scripture falso inscripti“, herausgebracht von dem Verleger Wolfgang Stöckel.
Der Holzschnitt passt gut zu den reformatorischen Auseinandersetzungen: Um die Burg hat sich eingefunden, was man damals als Feind betrachten konnte: Im Vordergrund debattieren eine Gruppe Türken und eine Schar Häretiker, rechts eine Horde Dämonen mit Enterhaken, links eine Gruppe Juden mit Speeren und Zackenkeulen. Dass nun gerade Juden, von denen eigentlich 144.000 der zwölf Stämme Israels im Neuen Jerusalem Aufnahme finden sollten, vor die Stadt gesetzt wurden, ist eine traurige Ironie der Geschichte.
Zurück geht diese Konzeption der „Glaubensburg“ auf den Franziskaner Alfonso Lopez de Spina (gest. um 1491) und seiner Allegorie „Fortalitium fidei“ aus dem Jahre 1458. Das Werk wurde bald in andere Sprachen übersetzt und bildete die Hintergrundfolie der Vorstellung von einer ecclesia-militans, was sich für das Christentum in einer verheerenden Art und Weise auswirkte.
Merle Fifield: The French manuscripts of La Forteresse de la Foy, in: Manuscripta, 16, 2, 1972, S. 98-111.
Theobald Freudenberger: Hieronymus Dungersheim von Ochsenfurt an Main, 1465-1540, Münster 1988.
Franz Reitinger: ‚Kampf um Rom’, in: Götz Pochat, Brigitte Wagner (Hrsg.): Utopie, Graz 1998, S. 100-139.