
Heinrich Vogtherr (der Ältere) (1490-1556): Straßburger Bibel (1526)
-
Claus Bernet
- Juli 7, 2021
Das Bild zeigt die untere Hälfte einer ganzseitigen Apokalypsedarstellung, die in ihrem obigen Teil die Abschließung des Teufels für tausend Jahre zeigt (hier nicht wiedergegeben). Es stammt aus der Bibelausgabe „Das nüw Testame(n)t“, die anlässlich des Reichstags zu Speyer 1526 erschienen ist, in dessen Folge mehrere lutherische Landesherren ihre Landeskirchen gründeten, die ihnen neben der weltlichen auch die höchste geistliche Gewalt einräumten. Für diese Landeskirchen entstanden bald eigene Bibeldrucke. Diese Ausgabe wurde in Straßburg von Johannis Griengern auf Kosten von Jacob Beringer gedruckt und war im Elsass und Schwaben weit verbreitet.
Der Holzschnitt – im Werk die „siebte Figur“ – wurde von Heinrich Vogtherr gestaltet. Heinrich Vogtherr (der Ältere) (1490-1556) war ein Universalgelehrter; er arbeitete als Zeichner, Verleger, Verfasser von Flugschriften, Dichter geistlicher Lieder und als Augenarzt. Seine Motivfindung ist durchaus originell und eigenständig. Wie auf vielen zeitgenössischen Wandgemälden setzte er auf fol. ppIIIr die Auferstehung der Toten vor die Tore der Stadt. Die Stadt ist in runder Form auf einen Berghang gesetzt, was dem Künstler ermöglicht, topographisch korrekt einen Blick in das Stadtinnere mit dem liegenden Gotteslamm zu geben. Wohnbauten finden sich lediglich vereinzelt an die Innenseite der Stadtmauer gedrückt. Die im Bild zu findenden Täfelchen „20“ und „21-22“ verweisen auf die jeweiligen Kapitel der Apokalypse. Dass auch eine Tafel auf Johannes verweist, die hinter dem Engel zu finden ist, ist ungewöhnlich, zumal selbst Christus und andere wichtige Figuren ohne Namenstäfelchen sind.
Jutta Funke: Beiträge zum graphischen Werk Heinrich Vogtherrs d. Ä., Berlin 1967.
Frank Muller: Heinrich Vogtherr: propagandiste de la Réforme, Strasbourg 1985.
Frank Muller: Heinrich Vogtherr l’Ancien: un artiste entre Renaissance et Réforme, Wiesbaden 1997.