Suche
Close this search box.

Heinrich Vogtherr (der Ältere) (1490-1556): Straßburger Bibel (1526)

Das Bild zeigt die untere Hälfte einer ganzseitigen Apokalypsedarstellung, die in ihrem obigen Teil die Abschließung des Teufels für tausend Jahre zeigt (hier nicht wiedergegeben). Es stammt aus der Bibelausgabe „Das nüw Testame(n)t“, die anlässlich des Reichstags zu Speyer 1526 erschienen ist. In Folge dieses Reichstags gründeten mehrere lutherische Landesherren ihre Landeskirchen, die ihnen neben der weltlichen auch die höchste geistliche Gewalt einräumten. Für diese Landeskirchen entstanden bald eigene Bibeldrucke. Diese Ausgabe wurde in Straßburg von Johannis Griengern auf Kosten von Jacob Beringer gedruckt und war im Elsass und Schwaben weit verbreitet.
Der Holzschnitt – im Werk die „siebte Figur“ – wurde von Heinrich Vogtherr gestaltet. Heinrich Vogtherr (der Ältere) (1490-1556) war ein Universalgelehrter; er arbeitete als Zeichner, Verleger, Verfasser von Flugschriften, Dichter geistlicher Lieder und als Augenarzt. Seine Motivfindung ist durchaus originell und eigenständig. Schon 1514 hatte er eine einfallsreiche Glaubensburg entworfen.
Fol. ppIIIr zeigt links nicht etwa Ertrinkende, sondern natürlich die Auferstehung der Toten vor den Toren der Stadt, wie man es vor allem auf mittelalterlichen Wandmalereien oft findet. Hier ist diese Szene, und das ist ungewöhnlich, einmal auf der linken Seite der Stadt dargestellt. Die Stadt ist in runder Form auf einen Berghang gesetzt, was es dem Künstler ermöglichte, topographisch korrekt einen Blick in das Stadtinnere mit dem liegenden Gotteslamm zu geben. Bei Bibeldrucken ist hier erstmals das Stadtinnere so besetzt, viele weitere Ausgaben sollten noch folgen. Wohnbauten finden sich lediglich vereinzelt an die Innenseite der Stadtmauer gedrückt. Die im Bild zu findenden Täfelchen „20“ und „21-22“ verweisen auf die jeweiligen Kapitel der Apokalypse. Dass auch eine Tafel auf Johannes verweist, die hinter dem Engel zu finden ist, ist ungewöhnlich, zumal selbst Christus und andere wichtige Figuren ohne Namenstäfelchen sind.

Jutta Funke: Beiträge zum graphischen Werk Heinrich Vogtherrs d. Ä., Berlin 1967.
Frank Muller: Heinrich Vogtherr: propagandiste de la Réforme, Strasbourg 1985.
Frank Muller: Heinrich Vogtherr l’Ancien: un artiste entre Renaissance et Réforme, Wiesbaden 1997. 

 

tags: Bibelausgabe, Reformation, Holzschnitt, Straßburg
Share:
error: