Diese Wandmalerei stammt von dem Österreicher Ambrosius Gander, einem Schüler des Johannes von Bruneck. Für das Trecento ist es eine erfreuliche Ausnahme, dass zumindest der Name dieses Künstlers einmal sicher überliefert ist. Seine Beteiligung in Kastelanz dürfte eine seiner frühesten Arbeiten sein, als er noch für andere Meister tätig war; später hatte er in Meran eine eigene Malwerkstatt.
Die Nordwand der römisch-katholischen Pfarrkirche St. Jakob in Kastelaz (Tramin in Südtirol) zeigt eine Mariendarstellung. In einem der Zwickel links findet man die Darstellung einer einfachen hölzernen Himmelstür, was kaum verwundert, da die Himmelspforte eine der Symbole Mariens bzw. ihrer Keuschheit ist. Zudem ist die Pforte ähnlich einfach gehalten wie der niedrige Eingang in die Kirche, die direkt dieser Malerei gegenüber gesetzt wurde. Sicher nicht zufällig: Betritt man durch die Pforte die Kirche, so fällt der Blick zunächst auf diese Torszene. Die Himmelspforte wird von einer Person, vermutlich einem Engel oder einem Bewohner der Himmelsstadt, die ja ein weißes Gewand tragen sollen, gerade geöffnet oder geschlossen. Betrachtet man seine Hand, wird deutlich, dass er etwas umfasst – bis heute ist nicht geklärt, was damit gemeint ist. Unverkennbar zeigt sich der feine lombardische Einfluss dieses Meisterwerks der Hochgotik, etwa bei den Gesichtszügen oder den feinen Haaren der Figur. Die Pforte ist lediglich durch ein rotes Farbband betont, welches sich am Türrahmen rechts entlang zieht. Mit den zwei Rosetten im Flamboyant-Stil und den Zinnen finden sich auch noch Merkmale der Gotik. Auf den Zinnen sind übrigens lateinische Begriffe aufgeschrieben, die Charaktereigenschaften der Gottesstadt und auch Mariens zum Ausdruck bringen, wie Frieden oder Glückseligkeit.
Wolfgang Metzger: Die Apsisfresken von St. Jakob in Kastelaz, in: Der Schlern, 44, 1970, S. 200-222.
Nicolò Rasmo: Johannes von Bruneck und Ambrosius Gander, in: Beiträge zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege – W. Frodl zum 65. Geburtstag, Wien 1975, S. 182-189.
Verena Friedrich: Tramin, St. Jakob in Kastelaz, Passau 2010.
Claus Bernet: Torszenen, Himmelspforten, Porta Coeli, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 11).
