Sevilla (Andalusien) war im 15. und 16. Jahrhundert das spanische, vielleicht sogar weltweite Zentrum der Immaculata-Darstellungen. Eine späte, manieristische Darstellung mit einer Himmelfahrt Mariens befindet sich in den Gemächern der Kanoniker der römisch-katholischen Kathedrale von Sevilla, die auch ihren Namen trägt: Santa María de la Sede. Das Werk ist eine einzigartige Mischung zwischen Skulptur und Malerei. Das Halbprofil der übergroßen Marienfigur ist aus Eichenholz und die Arbeit eines unbekannten Meisters; sie erinnert an Skulpturen der Dürerzeit und wurde vielleicht zum Anlass genommen, sie mit Renaissance-Malereien zu erweitern. Die Arbeit wurde lange Zeit irrtümlich der Schule des Luisa Ignacia Roldán (1652-1706) zugeschrieben. Die beigefügte Malerei ist jedoch älter, sie geht auf eine Altarstiftung des Richters Juan Cristóbal de la Puebla aus dem Jahr 1593 zurück und wurde von Alonso Vázquez (1565 – um 1608) ausgeführt. Bei den Mariensymbolen gemäß der Lauretanischen Litanei, welche die Figur kreisförmig umziehen und die in unterschiedlichen Grautönen gehalten sind, wurde selbstverständlich nicht darauf verzichtet, oben rechts eine Porta Coeli anzubringen. Es handelt sich um eine klassizistisch geprägte, einfache Himmelspforte mit einem gesprengten Renaissancegiebel. Sie scheint offen zu stehen, da es in der Tür heller als im wolkenverhangenen Hintergrund ist. Direkt über der Pforte beginnt die himmlische Sphäre, durch Engelsköpfe und den Mond markiert. Weitere Symbole, die das Himmlische Jerusalem pars pro toto symbolisieren (wie die Gottesstadt oder die geschlossene Pforte), sind auf diesem Kunstwerk nicht zu finden.

Enrique Valdivieso González: Historia de la pintura sevillana, Madrid 1985.
Diego Angulo Iniguez: La catedral de Sevilla, Sevilla, um 1984.
Claus Bernet: Maria Immaculata. Das katholische Jerusalem, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 14).