Pere Cabanes (?): Jerusalemsmauer aus Santa Ana in Borbotó und Retabel, beide aus Valencia (um 1480)

Jerusalemsbänder, bei denen sich eine Stadtmauer von links nach rechts schiebt und das Bild in einen unteren irdischen und einen oberen himmlischen Bereich teilt, waren im 15. Jahrhundert Mode. Entstanden sind sie in Frankreich in der Mitte des 15. Jahrhunderts bei Darstellungen innerhalb „De Civitate Dei“, etwa MS 1 und MS 2 oder die Illustrationen des Maitre François. Ein wenig bekanntes Beispiel aus Spanien stammt aus der katholischen Kirche Santa Ana im Ortsteil Borbotó von Valencia, datiert auf um 1480. In Borbotó wurde dem goldenen Haupttor ein gewaltiges lateinisches Kreuz aufgesetzt, neben dem zwei Engel stehen. Auf der Stadtmauer sind in Abständen kleine Adoranten positioniert, die mit dem Rücken zum Betrachter stehen. Die vier Nebentürme sind, wie der Haupttorturm, fein gezeichnet, vergoldet und zeigen Stilelemente der Frührenaissance.

Leandro Saralegui: Las tablas de la iglesia de Borboto, Valencia 1928.
Chandler Rathfon Post: The Valencian School in the Late Middle Ages and Early Renaissance, Cambridge 1935. 

 

Anders wurde die Aufgabe bei einem anderen Werk aus Valencia gelöst, das zeitgleich um 1480 entstanden ist. Diese Malerei in einer Mischtechnik aus Öl und Tempera wurde im späten 15. Jahrhundert für eine Kirche oder ein Kloster in Valencia angefertigt. Zugeschrieben wird sie Pere (Pedro) Cabanes. Heute ist sie ein Höhepunkt des Museums der Schönen Künste in Valencia (Inventarnummer 129/96).
Zu sehen ist der Mittelteil eines komplex aufgebauten Retabel. Im unteren Teil ist der Heilige Georg zu finden, der eine Messe hält. Darüber schiebt sich von links nach rechts eine Mauer des Himmlischen Jerusalem mit einem durch Türme betonten Mittelteil. Durch dieses gelangen wenige Gerettete in den himmlischen Bereich, der durch einen goldenen Hintergrund von der farbigen Landschaftsmalerei im unteren Bereich getrennt ist. Die dunkle, hohe Mauer mit einem spitzen Zackenfries und ohne Fenster, aber mit zahlreichen Schießscharten, macht einen eher abweisenden, wehrhaften Eindruck, den vor allem die Zinnen erzeugen, die wie aufgesteckte Speere aussehen. Auch die zentrale Eingangspforte, an der gerade ein Mensch in weißem Gewand empfangen wird, scheint noch geschlossen.

Salvador Aldana Fernández: Iconografía valenciana medieval, un nuevo retablo de Pere Cabanes, in: Anales de Historia del Arte, 4, 1993, S. 525-533.
Jérôme Baschet: Une image à deux temps. Jugement dernier et jugement des âmes au Moyen Age, in: Images Re-vues, 1, 2008, S. 1-24.

 

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