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Anna Dorothea Kunz-Saile (geb. 1941): Christusbund Waldenbuch (1994)

Dieses Mosaik befindet sich heute im Gottesdienstraum des Württembergischen Christusbund e.V. (einst Landeskirchliche Gemeinschaft Württembergischer Brüderbund Waldenbuch e.V.). Dieser Bund ist ein Zusammenschluss bekennender Christen, die gleichzeitig Mitglied in der Württembergischen (evangelischen) Landeskirche sind. Eigentlich ist es eine Gruppierung in der Tradition des Neupietismus, die sich südlich von Stuttgart in der Nachkriegszeit gebildet hat.
Das Mosaik wurde 1994 in Waldenbuch in den bereits seit vielen Jahren für Gottesdienste genutzten Raum angebracht. Hergestellt wurde es in dem Atelier für Glasgestaltung Valentin Saile mit Sitz in Stuttgart. Den Entwurf lieferte die Tochter Anna-Dorothea Kunz-Saile (geb. 1941), die von 1957 bis 1960 in der Firma Saile eine Lehre gemacht hatte und anschließend bis zu ihrer Meisterprüfung in Glasmalerei die Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste besuchte. Von der Künstlerin ist das Motiv des Himmlischen Jerusalem als Mosaik nur bei dieser Arbeit bekannt, neben drei weiteren Werken als Glasfenster (St. Marien in Herrenberg, Mauritiuskirche in Ofterdingen und die Raphaelskirche in Cleebronn).

Kunz-Saile verwendete bei der Ausführung venezianische Smalten, Marmor und Gold. Zwölf offene Tore reihen sich um das mittige Christuslamm, das mit einer blutroten Gloriole versehen ist. Die schematischen Tore in Blockform sind so angeordnet, dass die Seiten um das Lamm herum ein weißes Kreuz ergeben. Das Lamm mit einer roten Gloriole sitzt in diesem Kreuz, und aus seiner Seite entspringt der Lebensfluss nach unten. Er verlässt das Kreuz, zerteilt sich in einem Tor in drei Arme, strömt weiter unten in einen vergoldeten Abendmahlskelch, aus dem er schließlich in verschiedene Richtungen weiterfließt, um die neue Welt geistig zu tränken. Um die Tore ist ein grauer Hintergrund gesetzt, der am Rand zu einem dunklen Blau als Rahmung wechselt. Damit hob sich das Mosaik gut vom ansonsten schlichten Gottesdienstraum ab, es wurde an der Frontwand angebracht, an der es alle Besucher gut sehen konnten. Nach nur wenigen Jahren entschloss man sich jedoch, den in die Jahre gekommenen Raum durch einen Neubau zu ersetzen. Nun kam es zu einer Diskussion, wie man mit dem ja erst kürzlich angeschafften Mosaik umgehen sollte. Für manche war dieses Werk lediglich Ablenkung vom Wesentlichen, wieder andere empfanden es als Ausdruck der Tradition dieser Gemeinschaft, viele hatten sich bislang mit dem Mosaik nicht beschäftigt und nahmen es erstmals bewusst wahr. Schließlich entschied sich eine Mehrheit für den Erhalt und das gesamte Mosaik wurde aus in einer metergroßen Platte am Stück aus der Wand herausgesägt und in den Neubau integriert. Dort hat es seinen neuen Platz an der Seitenwand gegenüber dem Eingang bekommen und ist in dem Bau bewusst der einzige Schmuck.

Claus Bernet: Mosaike, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 33).

 

tags: Neupietismus, Stuttgart, Schwaben, Anna Dorothea Kunz-Saile
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