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Ewald Mataré (1887-1965): Tür des Kölner Doms (1953)

Türen sind bekanntlich schon ihrer Funktion wegen ein idealer Ort, das Himmlische Jerusalem zu thematisieren. Hier betritt der Gläubige gewissermaßen die irdische Vorform des Himmlischen Jerusalem, nämlich den Kirchenbau. Zudem sind Türen und Tore im Himmlischen Jerusalem ein zentrales Element, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Bislang gab es im Mittelalter hunderte solcher Darstellungen der Himmelspforte im Tympanon. Von der Renaissance bis zur Moderne spielt das Himmlische Jerusalem auf Türen keine Rolle. Eine besonders schöne Türdarstellung findet sich erstmals am Kölner Dom. Damit beginnt eine neue Traditionslinie. Zwar gab es zuvor noch eine Himmelspforte in Sainte-Odile in Paris und ein Relief an der Tür des Bunyan Meeting House in Bedford, doch in Sainte-Odile handelt es sich genaugenommen nicht um die Tür, sondern um das Türgitter, und in Bedford ist es eine Darstellung, die in die Gruppe der Arbeiten zu Pilgrim’s Progress gehört.
Im Kölner Dom ist dieses Neue Jerusalem, neben einem kleinen Glasfensterausschnitt von Johannes Klein und einem mittelalterlichen Grabmal, die einzige Darstellung des Himmlischen Jerusalems an und in diesem mit Kunstwerken überreich ausgestatteten Gotteshaus. Man findet das konkave Bronzerelief als Teil eines Außenflügels der Südportalsupraporte, dem Ursulaportal, das nach der Heiligen Ursula und ihren 11.000 Jungfrauen benannt ist.
Das Portal und seine Tür mussten nach Kriegsbeschädigungen wieder hergerichtet werden. Man beauftragte dazu 1947 Ewald Mataré (1887-1965), insgesamt vier Türen neu zu gestalten. Mataré war ein talentierter Schüler von Julius Ehrentraut, Lovis Corinth sowie Arthur Kampf und widmete sich später vor allem Tierskulpturen. An diesen vier Türen, die lange Zeit seine Aufmerksamkeit und sein Schaffen beanspruchten, arbeitete er bis 1954.

Das Himmlische Jerusalem war als Hoffnung für das darunter dargestellte brennende Köln gedacht. In der Mitte der Stadt ist ein kleines Lamm angebracht. Ungewöhnlich sind die Tore der Stadt, die zu vier Dreiergruppen zusammengefasst wurden. Von außen stehen sie wie üblich senkrecht in der Wand, doch im Innenbereich fällt diese Mauer, wie bei Festungen und Bastionen, schräg nach innen zurück. An den vier Ecken der Stadt sind elf Wächterengel angebracht. Wo der zwölfte geblieben ist, würde man Mataré gerne fragen. Vor den drei unteren Toren der Stadt liegt Johannes mit Papyrus und Schreibgerät. Diese Reliefdarstellung bedeckt nicht das gesamte Bildfeld, sondern etwa ein Drittel. Der Rest dieses Türsegments wurde freigelassen. Während das Relief konvex in die Tür gesetzt wurde, machte der Künstler als Gegengewicht und Rahmung acht Noppen sichtbar, die die Platte an der Tür halten.

Hainer Eck: Drei neue Bronzetüren, in: Das Kunstwerk, 5, 1, 1951, S. 55.
Eduard Trier: Matarés neues Domportal, in: Das Kunstwerk, 7, 3/4, 1953, S. 83.
Wolfgang Braunfels: Mittelalterliche Architektur und moderne Kunst, in: Das Münster, 6, 1953, S. 26-29.
Joseph Hoster: Der Dom zu Köln, Köln 1965.
Kay Heymer: Mataré, Ewald Wilhelm Hubert, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, 5, 1993, Sp. 993-999.
Sabine Maja Schilling: Ewald Mataré. Das plastische Werk. Werkverzeichnis, Köln 1994 (2)
Sonja Mataré, Sabine Maja Schilling (Hrsg.): Tagebücher 1915 bis 1965: Ewald Mataré, Köln 1997.

 

tags: Tür, Dom, Köln, Rheinland, Nachkriegskunst
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