Seit dem 19. Jahrhundert befand sich der Hauptaltar des Bamberger Doms im Ostchor. Dort war das Problem, dass der Altar wesentlich höher als das Mittelschiff der Kirche lag, mit der Folge, dass die Besucher der Messe und anderen Veranstaltungen kaum folgen konnten. Zunächst war vorgesehen, die Apsis mit einem Mosaik ähnlich wie in Ravenna auszustatten, was sich aber nach dem verlorenen Krieg aus Kostengründen nicht umsetzen ließ. Dann favorisierte man eine Ausmalung in Stil römischer Kirchen. Damit beauftragte man den Münchner Akademieprofessors Karl Caspar (1879-1956), ein Gründungsmitglied der Künstlergruppe Neue Münchener Secession. Dieser malte mit seinen Gehilfen zwischen 1927 und 1928 schließlich die Apsis mit dem Motiv „Das zweite Kommen Christi“ neu aus, wobei ihn der Weihbischof Senger beriet.
Man sieht einen Christus in einer Mandorla, darunter zwei Hirsche, die aus einer Quelle zu trinken scheinen. Das Motiv ist angelehnt an ein Mosaik der Kirche Santa Maria Maggiore (Rom) und San Giovanni im Lateran (Rom). Bei letztgenannter Arbeiten trinken die Hirsche nicht etwa aus einer Quelle, sondern zwischen ihnen befindet sich eine Miniaturdarstellung des Neuen Jerusalem. Es besteht im Bamberger Kunstwerk allein aus blauen Pinselstrichen, die jeweils drei Tore an den Seiten und ein Haupttor in der Mitte erkennen lassen. Aus diesem strömt das Wasser des Lebens, welches sich in die vier Paradiesflüsse Gion, Fison, Tigris und Euphrat teilt.
Obwohl das Motiv und die Ausführung also traditionell waren, hat dieses Apsisgewölbe weit über Bamberg hinaus Aufsehen erregt. Es wurde auch abgelehnt, weil damit das ursprüngliche Problem des Höhenunterschieds nicht gelöst werden konnte.
Dethard von Winterfeld: Der Dom in Bamberg, Berlin 1979.
Peter-Klaus Schuster (Hrsg): ‚München leuchtete‘. Karl Caspar und die Erneuerung christlicher Kunst in München um 1900, München 1984,
Andrea Hubel, Gabriele Schneidmüller: Der Bamberger Dom von A(psis) bis Z(werggalerie), Petersberg 2003 (2).