Die römisch-katholische Kirche Saint-Sulpice befindet sich in der Gemeinde Saint-Sulpice-de-Favières im französischen Département Essonne. Das Bauwerk ist weniger bekannt als die großen französischen Kathedralen der Gotik, hat aber einen bemerkenswerten Skulpturalschmuck aus dem 13. Jahrhundert, als die Kirche als das neue Zentrum der Minderstadt erbaut wurde. Bedauerlicherweise wurde die Saint-Sulpice 1652 von den Truppen Turennes stark in Mitleidenschaft gezogen, so auch das Tympanon des Mittelportals mit der Darstellung des Himmlischen Jerusalem als Torszene. Dieser Bauteil war bereits um 1260 entstanden, im Ganzen wird auf drei Ebenen dem Betrachter hier das Jüngste Gericht präsentiert.
Trotz der Zerstörungen kann man aus der Nahsicht die ursprüngliche Anordnung und in Teilen auch die Ausschmückungen der linken Seite der untersten Ebene noch erkennen. Rechts sind sechs Personen angeordnet, vorne vermutlich Petrus (dessen Heiligenschein noch zu erahnen ist), und hinten ein Engel (dessen Flügel teilweise erhalten sind). Links befindet sich ein spitzbogiges Tor, hinter dem aus mehreren Etagen oder Arkaden Gerettete aus einem Turm herabsehen. Diese Anlage war bereits von einem vergleichbaren Tympanon der nahe gelegenen Kathedrale in Meaux (Île-de-France), entstanden um 1230, bekannt. Im oberen Bereich ist dieser Turm mit gotischem Maßwerk ornamentiert, in einer Art und Weise, wie man es auch bei der Kirche Saint-Sulpice selbst finden kann – es handelt sich also um ein mikroarchitektonisches Zitat des gleichen Baues auf dem die Darstellung zu finden ist, eine Art Selbstzitat.
Auguste Bouillet: Description de l’église de Saint-Sulpice de Favières (Seine-et-Oise), Paris 1891.
Simonne Riviére: L’église de Saint-Sulpice-de-Favières: Un harmonieux témoignage du XIIIe siécle, Paris 1991.
Le guide du patrimoine, Paris 1994, S. 614-617.
Claus Bernet: Torszenen, Himmelspforten, Porta Coeli, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 11).
Beitragsbild: GFreihalter, Saint-Sulpice-de-Favières 501, CC BY-SA 3.0
