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Otto Habel (1922-1996): Chorgestaltung im Dom Sankt Eberhard in Stuttgart (1961)

In der Nachkriegszeit waren Wandmosaike mit dem Jerusalems-Motiv in der sakralen Kunst auf einmal wieder gefragt, nachdem es über Jahrhunderte zuvor in Deutschland, aber auch anderswo, kaum nennenswerte Beispiele gab. Nach Mainz, Berlin und Laatzen/Hannover war jetzt Stuttgart an der Reihe: Die römisch-katholische Domgemeinde St. Eberhard beschloss am 8. Oktober 1959 eine Ausschmückung ihrer durch den Krieg schwerst zerstörten Kirche. Sie beauftragte zum 150-jährigen Jubiläum der Gemeinde damit den Künstler Otto Habel (1922-1996). Habel war zu dieser Zeit ein besonders in Süddeutschland tätiger und auch erfolgreicher Mosaikkünstler und Glasgestalter. Er entwarf für die Stuttgarter Kirche das Monumentalbild „Der wiederkommende Herr – Christus als Pantokrator“, welches singulär die gesamte Wand hinter dem Altar einnimmt. Habel verwendete dazu Gold und Marmor, Onyx, Malachit sowie Lapislazuli. 1961 konnte er nach drei Jahren sein großflächiges Werk von 15 Metern Höhe im Chorraum der Kirche abschließen. Das stelenartige Mittelfeld zeigt die Wiederkunft Christi nach der Apokalypse in Anlehnung an antike, römische Vorbilder.

Über dem Nimbus der Christusfigur sind, im Halbkreis angeordnet, mehrere Tore des Himmlischen Jerusalem zu sehen, hinterfangen von Flügelspitzen der Engel und goldenen Kronenzacken. Die unterschiedlich großen Tore sind lediglich angedeutet, sie scheinen offen zu sein und sind in blauen Steinen mit einem dunkelbraunen Rahmen gesetzt. Das linke Tor ist lediglich zur Hälfte zu sehen, dann folgen zwei kleinere Rundbogentore, dann ein Tor, durch das sich quer ein goldenes Band zieht. Es ist selten, dass ein Künstler die göttliche Stadt mit vier Toren zeigt, da nach der Beschreibung in der Apokalypse an jeder Seite drei Tore zu erwarten sind. 2021/22 hat man den Dom grundsaniert. Nach intensiver Diskussion hatte man beschlossen, das Mosaik nicht zu entfernen. Nach Reinigung und neuem weißen Anstrich rückt das Kunstwerk nun noch deutlicher in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit eines jeden Dombesuchers, sofern er einen Blick für Kunstwerke besitzt.

Richard Strobel: Stuttgart, St. Eberhard, München 1984 (Kleine Kunstführer, 1443).
Lothar Altmann: Otto Habel zum 70. Geburtstag, in: Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft, 45, 1992, S. 228-229.
Erich Sommer: Altarbild ‚Der wiederkommende Herr’, Ostfildern 1996.
Egon Hopfenzitz (Hrsg.): Kirche im Herzen der Stadt. 200 Jahre Religionsfreiheit in Württemberg, 200 Jahre Pfarrgemeinde St. Eberhard in Stuttgart, Ostfildern 2006.

 

tags: Dom, Stuttgart, Württemberg, Otto Habel, Chor,
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