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J. H., F. R. u.a.: Illustrationen der Zeitschrift „Stadt Gottes“, 1889 bis 1918 (Teil 1)

Die Familienzeitschrift „Stadt Gottes“ wurde seit 1887 von der Missionsdruckerei in Kaldenkirchen, einem Stadtteil von Nettetal im Kreis Viersen in Nordrhein-Westfalen, herausgebracht und war eine Art Bildzeitung für den Katholizismus. Es gab eine deutsche, eine schweizerische und eine österreichische Ausgabe. In diesen findet man Kurzgeschichten, Fotodokumentationen über fremde Völker und gefährliche Tiere neben Nachrichten aus dem Vatikan, Gebeten und Heiligenlegenden. Mit ihrem offenen Nationalismus, ihrem völkischen Gehabe und ihrer biederen Obrigkeitshörigkeit war das Journal „Stadt Gottes“ auch ein Wegbereiter des Nationalsozialismus.
In der Zeitschrift wurden bis in die 1940er Jahre immer mal wieder Illustrationen des Himmlischen Jerusalem aufgenommen, weniger des Inhalts wegen, sondern ausschließlich aufgrund des Titels der Zeitschrift. Inhaltlich wird auf die Kunstwerke nicht näher eingegangen, nicht einmal die Namen der Künstler oder Künstlerinnen sind angeführt. In einigen Fällen kennt man zumindest das Akronym. Das könnte helfen, in Zukunft mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz doch noch den Urheber herauszufinden.
Die Illustrationen waren vermutlich Auftragsarbeiten, da sie nirgends woanders publiziert wurden. Gerade in den Anfangsjahren der Zeitschrift waren es überwiegend traditionelle historistische Darstellungen, die dem Geschmack des überwiegend konservativen Publikums entgegenkamen. Also sind die Kunstarbeiten von durchweg hoher handwerklicher Qualität und wurden von professionellen Illustratoren aus katholischem Umfeld in Deutschland angefertigt.

Die erste Zeichnung des zwölften Jahrgangs 1889 von „Stadt Gottes“ ist das Titelblatt auch der kommenden Jahrgänge. Gelegentlich wurde sie auch auf graublauem Papier gedruckt (etwa beim 32. Jahrgang 1909). Unterzeichnet ist die Zeichnung mit dem Akronym „J. H.“ (Buchstaben ineinander geschoben). Zu sehen ist eine Person am offenen Fenster, vermutlich der Seher Johannes in der Schreibstube. Er deutet auf eine massive Burg, die durch das Fenster auf der Spitze eines Berges zu sehen ist. Sie ist an das berühmte Gemälde Asams aus der Klosterkirche Weltenburg angelehnt. Ein schmaler Weg führt nach oben, insgesamt drei Personen befinden sich auf diesem Weg und werden von einem offenen Tor erwartet. Die Stadt ist von Wolken umgeben und scheint aus sich selbst heraus zu strahlen. Dass es sich um das Neue Jerusalem handelt, wird den Lesern und Leserinnen zusätzlich durch die Beischrift „Stadt Gottes“ (hier nicht zu sehen) deutlich.

 

Das gilt auch für das Titelblatt des 27. Jahrgangs 1903/1904. Das Original ist jedoch etwas älter, da es auf das Jahr 1900 datiert wurde. Die zurückhaltend kolorierte, bewusst naiv gehaltene Illustration zeigt eine Burg mit mehreren Kirchen und den Petersdom an prominenter Stelle. Er thront auf einem grünen Hügel, dem Zionsberg. Dieser Berg oder Fels setzt sich unterhalb der Mauer fort und ist dort teilweise von Wolken umgeben, hat aber jetzt statt der grünen eine graubraune Farbe.

 

Die Ausgabe des 27. Jahrgangs (1903/1904) der Zeitschrift bringt noch eine weitere kolorierte Illustration zum Thema. Es handelt sich um die Titelseite des Umschlages von Heft 9. Solche Umschlagseiten wurden in den meisten Bibliotheken nicht mit eingebunden und haben sich leider kaum erhalten. Die daher selten gewordene Illustration stammt wahrscheinlich von der gleichen Hand wie das Titelblatt dieses Jahrgangs. Der Name des Künstler oder der Künstlerin ist (noch) unbekannt. Das Motiv ist traditionell-herkömmlich im Stil der Zeitschrift gestaltet: Eine mittelalterliche Stadtmauer hat mittig ein offenes Tor, zu welchem ein schmaler, gewundener Pfad hinführt. Dieser setzt sich in der Stadt fort und führt zu einem Tempel oder Kirchenbau. Um diesen sind symmetrisch weitere Sakralbauten sowie auch zwei Rundtürme gesetzt.

 

Immer wieder präsentiert die katholische Familienzeitschrift „Stadt Gottes“ den Petersdom – hier sogar als Himmlisches Jerusalem, wie bereits einmal im Jahre 1903 in der gleichen Zeitschrift. So thront der bekannte römische Kirchenbau mit seiner markanten Fassade und den drei Haupttürmen auf dem Zionsberg, der über einem Regenbogen steht. Das Besondere war aber die Kolorierung, da solches in der „Stadt Gottes“ bislang noch selten war. Das Motiv des Regenbogens bot sich hier natürlich an, aber auch das Grün des Hügels, das Blau der Kuppeln oder das Gelb der Gloriole stechen hervor.
Das Detail gehört zu einer DINA4-großen Farbillustration, rechts gegenüber dem Drachentöter Georg (hier nicht abgebildet). Diese anonyme Illustration wurde in den 38. Band (1914) der Zeitschrift auf dem zweiten Blatt eingeklebt, noch vor der eigentlichen Titelillustration.

 

Die Titelillustration von „Stadt Gottes“ zeigt 1914 (38. Jahrgang) eine selbstbewusste junge Frau, die in ihrer rechten Hand ein Banner, in ihrer linken einen Ölzweig hält. Es ist nicht Maria, sondern eine Allegorie Jerusalems. Unten ist die Zeichnung mit „IERVSALEM NOVA“ präzisiert, oben trägt die Frauenfigur eine Krone, die Jerusalem als Festung zeigt (angelehnt an das Zweiwegebild von Hieronymus Wierix, um 1600). Das eindrucksvolle Jugendstilwerk ist mit den Initialen „F. R.“ signiert, welche bislang noch nicht entschlüsselt werden konnten.

 

Alle Kriegsausgaben des 42. Jahrgangs (1918/19) haben das gleiche martialische Cover. Vor hellem blaugrünem Hintergrund erhebt sich eine mächtige Festung. Die Mauern sind hoch, abweisend und besitzen nur schmale Fenster, vermutlich Schießscharten. Von den drei Seiten hat die mittlere ein antikisiertes Portal mit einem offenen Tor. Davor steht links ein mächtiger Engel im Gewand des Deutschen Ordens mit Schwert, Schild und Helm. Den Brustpanzer des Kriegers ziert die Aufschrift „Quis ut Deus“, eine wörtliche Übersetzung des Namens des Engels Michael. Der Erzengel Michael war, nach außerbiblischer Vorstellung, der Patron der Soldaten und Krieger.

 

tags: Gottesstadt, Jugendstil, Buchillustration, Missionsschrift, Zeitschrift
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