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Johannes Gallicus: Deckenmalerei im Dom zu Braunschweig (1230-1250)

Die Secco-Deckenmalerei des Braunschweiger Doms ist an Farbenpracht und Detailreichtum kaum mehr zu übertreffen. Sie gilt als wichtiges Kulturdenkmal weit über Braunschweig hinaus. Gut 80 Prozent der ursprünglichen Malerei haben sich erhalten, darunter auch eine komplett ausgemalte Vierung, die dem Himmlischen Jerusalem vorbehalten ist. Diese Malerei erinnert an einen steingewordenen Radleuchter, mit dem sie kompositorische Ähnlichkeiten aufweist: In seiner Mitte thront das Lamm Gottes mit der Siegesfahne. In sechs Feldern um das Lamm herum sind Szenen mit Heiligen dargestellt. Aufgrund der Farbgebung und des Zackenstils dieser Personen wurde die Entstehungszeit auf etwa 1230 bis 1250 eingegrenzt. Die Art dieser Malereien als auch der Name „Gallicus“ eines der Künstler deuten auf eine Beeinflussung aus Frankreich hin. So sind am nordwestlichsten Langhauspfeiler sowie im Vierungsgewölbe noch heute Inschriften mit dem Namen des mittelalterlichen Künstlers zu finden. Darin verweist ein „Johannes Wale“ oder „Johannes Gallicus“ selbstbewusst auf sein Werk: „Würden diese Figuren unter den Lebenden weilen, würden sie mit Recht bei den Göttern wohnen.“
Im äußeren Bereich der Vierungsmalerei findet man eine Mauerdarstellung, einschließlich 24 Türme, Zinnen, Tore und Wächterengel der Gottesstadt. Im obersten Segment mit dem blauen Hintergrund erheben sich an den Kreisvierteln hinter dem Mauerring auch Gebäude, die sich zu zwei Kirchtürmen verjüngen. In jedem Viertel des Mauersegments sind dem Offenbarungstext gemäß drei Tore eingebaut, die in den Fensteröffnungen Büsten der Apostel zeigen. Jeder Apostel, von Petrus bis Matthias, hält ein lateinisches Spruchband mit einem Satz aus dem Glaubensbekenntnis. So beginnt der Zyklus mit Petrus: „Credo in deum patrem omnipotentem creatorem coeli et terre“, usw.


Die Fresken des Domes waren einst vielbeachtet, von hier aus ergaben sich Einflüsse nach Österreich, wo diese Konzeption in Gurk (um 1265), Matrei (um 1265) und Neumarkt (um 1280) regelrecht aufblühte. In Braunschweig hingegen kam Malerei in den folgende Jahrhundert unter Putz. Sie wurden erst im Jahre 1845 zufällig unter einer Übermalung entdeckt. Die Übermalung wurde abgeschlagen, abschließend wurde die vorgefundene Schicht unter dem Maler Heinrich Brandes (1803-1868), dem Braunschweiger Hofdekorationsmaler Adolf Quensen (1851-1911) sowie dem Architekten August Ottmar Essenwein (1831-1892) ergänzt und konserviert. Die Begeisterung war groß, es kam zu modernen Kopien im Kaiserdom von Königslutter und in St. Nikolai in Braunschweig. 1880/81 wurde dann sogar eine vollständige Neubemalung des Domes durchgeführt. Vor dem Hintergrund einer geplanten grundlegenden Bestandssicherung wurde in den letzten Jahren eine Bestandsaufnahme zur Vorbereitung einer Restaurierung der Malereien durchgeführt, wobei jetzt die mittelalterlichen Malereien von späteren Übermalungen wieder freizulegen sind.

Johann-Christian Klamt: Die mittelalterlichen Monumentalmalereien im Dom zu Braunschweig, Berlin 1968.
Reinhard Dorn: Mittelalterliche Kirchen in Braunschweig, Hameln 1978.
Martin Gosebruch: Der Braunschweiger Dom und seine Bildwerke, Königstein i. T. 1980.

 

tags: Mittelalter, Braunschweig, Niedersachsen
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