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Gerichtsdarstellung in der evangelischen Kirche von Mundelsheim (um 1480)

Vermutlich in den späten 1480er Jahren ließen Konrad von Ahelfingen und Wilhelm von Urbach die Kilianskirche in Mundelsheim am Neckar umfangreich mit spätgotischen Fresken ausmalen. Es sind Bildfelder, wie sie damals regional Mode waren, etwa in der Cornelienkirche von Bad Wimpfen. Vermutlich waren damit Künstler und Handwerker aus der weiteren Umgebung, wie Kleingartach, Zeutern und/oder Ulm beauftragt. Im Zuge der Reformation wurden die Fresken in der Kilianskirche schon nach wenigen Generationen wieder übertüncht und gerieten so in Vergessenheit. 1892 bis 1895 wurde ein Teil der Fresken wieder entdeckt und restauriert, darunter die Südwand des Langhauses mit einer Darstellung des Weltgerichts. Genau auf dieses Gericht fiel der Blick der Eintretenden durch den Haupteingang.

In einer eigenen rot-weiß-grünen Wolkenzone sieht man dort links, wie zahlreiche Menschen in die Himmelspforte eintreten und die Pforte fast vollständig ausfüllen, so dass man sich an den Altar des Ulmer Meisters Martin Schaffner (Augustinermuseum Freiburg im Breisgau) erinnert, der zeitgleich entstanden ist. In Mundelsheim kann man vor der Pforte noch Engel erkennen, dank ihrer prägnanten und tiefroten Flügel. Einer von ihnen zieht links einen gerade Auferstandenen aus dem Grab – eine dramatische Szene, wie sie dem Lebensgefühl um 1500 entsprach. Die blasse Kolorierung entspricht nicht der Originalfärbung, sondern soll andeuten, dass hier eine Freilegung nachträglich nach bestmöglichem Befund koloriert wurde. Es ist davon auszugehen, dass demnächst andere Rekonstruktionstechnik einen viel genaueren Befund ermöglichen, so dass von einer neuen Welle der Rekonstruktions-Rekonstruktionen auszugehen sein wird. Ähnliches erlebte man im Film, seit es technisch möglich ist, Schwarzweiß-Filme nachträglich zu kolorieren. Erst dann wird sich zeigen, ob die goldenen Einsprengsel, die sich auf dem Fresko an verschiedenen Stellen finden, tatsächlich dem Original entsprechen oder eine moderne Zutat sind. Auch besteht dann neue Hoffnung, dass die Bildunterschrift, die sich nur in wenigen Buchstaben in deutscher Sprache erhalten hat, wieder lesbar wird und zu weiteren Aufschlüssen führt.

Wolfgang Irtenkauf: Die Kilianskirche zu Mundelsheim, in: Schwäbische Heimat, 33, 1982, S. 178-180.
Die Kilianskirche in Mundelsheim. Ein Kirchenführer zur Selbsterkundung, Mundelsheim, um 2010
Ute Fessmann: Die Kilianskirche von Mundelsheim, Mundelsheim (2015).
Anja Brodbeck-Holzinger, Dörthe Jakobs, Karsten Preßler: Wie die Mundelsheimer Kilianskirche und ihre Wandmalereien gerettet wurden, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 3, 2016, S. 167-176.

 

tags: Weltgericht, Spätgotik, Martin Schaffner, Württemberg, Fresko
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