Dänemark hat einen überaus reichen Bestand an mittelalterlichen Wandmalereien: Der reformatorische Bilderstreit war hier verhalten, das Land später war größtenteils von der Industrialisierung und Urbanisierung verschont und auch im Zweiten Weltkrieg wurden nur wenige Kirchen zerstört. Eine Kirche, die ihre Fresken bis heute bewahren konnte, befindet sich in Tuse (im Nordwesten der Insel Seeland). Die dortigen Malereien von etwa 1470 werden der Isefjordwerkstatt zugeschrieben. Diese Werkstatt (dänisch Isefjordsmesteren, Vallensbækmesteren oder Isefjordsgruppen) hat Wandmalereien für mindestens 25 Dorfkirchen im Bistum Roskilde ausgeführt; Themen waren neben der Vita Christi auch das Jüngste Gericht.
In Tuse wurde damals die ursprünglich romanische Kirche erweitert und enthielt umfangreiche Kalkmalereien. Sie bestehen allein aus grauen und roten Farbpartien, die damals preiswerteste Variante, die der Markt hergab. Vor den Kirchturm ist das westliche Gewölbe gesetzt, mit vier Bildfeldern, darunter das Weltgericht, die Hölle und der Himmel in Form des Neuen Jerusalem. Auffällig ist die markante Musterung der Stadtmauer, welche das Edelsteinfundament markiert. Traditionell ist die Petrusfigur im Vordergrund, die fünf Vertreter von geistlichen und weltlichen Ständen in die Pforte links einlässt. Im Moment jedoch befinden sie sich noch vor der Stadt.
Die Stadt dahinter ist charakterisiert durch Schrägen, Zacken, ineinandergeschobene Linien, die man als spätmittelalterlichen Expressionismus bezeichnen kann, man findet ihn auch in der Kirche von Mørkøv, der Kirche von Hästveda oder der von Hyllinge. Gleichzeitig ist die Malerei ein Beispiel für den Horror Vacui: auch die letzte Wandpartie muss irgendwie bemalt sein, sei es mit Dachschindeln, Textilmustern oder abstrakten Musterungen auf den Mauern.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Malereien in Tuse neu entdeckt. Es folgten von 1888 bis 1889 Untersuchungen, ob die übergestrichenen Kalkmalereien überhaupt wiederhergestellt werden können. Nach positiver Entscheidung begann 1890 die Freilegung und anschließende Restaurierung.
Erling Jensen (Hrsg.): Tuse kirke, Holbaek 1963.
Niels M. Saxtorph: Danmarks kalkmalerier, København 1986.
Sissel F. Plathe, Roberto Fortuna: Gotikkens kalkmalerier. De oversete dekorationer i Danmarks kirker, København 2019.
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