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Griechisch-orthodoxes Weltgericht (um 1920)

Dieses Detail gehört zu einer umfassenden Weltgerichts-Ikone mit der Himmelspforte, die hier einmal verschlossen ist. Die Arbeit ist aus Griechenland, wo sie um 1920 entstanden ist. Es handelt sich nicht um eine Ikonenmalerei auf Holz, sondern um eine Lithographie, die in einem Buch oder als Einzelblatt für fromme Kunden erschienen ist. Bekannt geworden ist die Arbeit durch das Internet, als dieses Bild auf den Seiten von Bloggern um 2010 außerordentlich beliebt war und oftmals geteilt wurde.
Der Ausschnitt zeigt einen Teil der linken Seite der Zeichnung, welche im Ganzen insgesamt etwa zehnmal so groß ist. Der reichlich ornamentierte Schmuck der Tür und auch die an Schnorr von Carolsfeld angelehnten Figuren und Engel lassen diese Arbeit in den späten Historismus verorten. Die zweiflügelige Tür ist von zwei hervortretenden Pfeilern gerahmt. Oben ist ihnen jeweils ein silberfarbenes orthodoxes Kirchengebäude mit den markanten Zwiebeltürmen und russisch-orthodoxen Patriarchenkreuzen aufgesetzt. Die Oberfläche der Tür wie auch der angrenzenden Wandfläche ist komplett mit Ornamenten verziert, wie man sie in der Orthodoxie seit Jahrhunderten tradierte, vornehmlich bei den diakonischen Türen im Altarbereich.
Vor dem Tor steht ein stämmiger Petrus, dessen Blick auf den Schlüssel geheftet ist, mit dem er die Tür in das Himmlische Jerusalem öffnen und schließen kann. Neben ihm stehen männliche wie weibliche Heilige, alles einflussreiche Vertreter der Kirche oder weltliche Herrscher. Die Ikone ist hier ein Beispiel, wie eng sich die geistliche und weltliche Macht zusammenfanden und sich selbstverständlich den ersten Platz beim Einzug in das Paradies zusprachen. Kranke, Behinderte, Arme und Ausgegrenzte haben hier keinen Platz. Über der Gruppe schwebt ein mächtiger Engel mit einer Posaune, mit der die Toten zum Gericht geweckt werden. Weitere Engel sind rechts zu sehen, die um einen Altar versammelt sind.

Claus Bernet: Ikonen des Weltgerichts, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 37).

 

tags: Lithographie, Weltgericht, Griechenland, Pforte, orthodox, Posaune, Macht, Petrus, Historismus
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