Domenico Sguaitamatti (1953-2019): Kollegienkapelle San Carlo in Mailand (2000-2002)
Die römisch-katholische Kollegienkapelle San Carlo in Mailand bringt einen das Alte und das Neue Testament umfassenden Schöpfungszyklus auf sechs Fenstern. Man findet ihn an der linken Seite des Kirchenschiffs. Das letzte Fenster über dem Altar hat mit zwölf zu einem Kreis verbundenen Toren die neue Welt zum Thema. Auch hier zeigt die Mitte: nichts. Damit gehört auch diese Arbeit zu einer beachtlichen Reihe von neueren Kunstwerken, die den „Verlust der Mitte“ dokumentieren, siehe dazu Werke von Paul Weigmann, Hubert Spierling, Carsten A. Schubert, Claudia Breinl u.a.Entworfen wurde der Zyklus unter theologischer Beratung von Priester Domenico Giuseppe Sguaitamatti (1953-1919), einem Kunstexperten und Mitglied der Mailänder Kommission für Sakralkunst. Im Jahr 2002 konnten die Arbeiten nach zwei Jahren abgeschlossen und eingeweiht werden; sie sind seitdem der künstlerische Höhepunkt des ansonsten nüchternen, weißen Raumes.
Die äußere Struktur geben schwarze, vertikale Rahmen vor, die das Fenster in zwei seitliche und in eine große mittlere Bahn teilen. In dieser Bahn erscheint eine Art Blüte einer Blume, die aus roten und blauen Scheiben einen Kreis formt, der an eine Rose erinnert (eines der Symbole Mariens). Blau und rot sind traditionell die Farben des Himmlischen Jerusalem. Von außen durchdringen zwölf gelbe Strahlen diesen Kreis und bilden Rundbogentore in unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Gelbtönen. Die oberste Spitze ist dabei weiß belassen, wie auch die letzte Scheibe im Zentrum keine Farbe hat. Mit ihrer annähernd dreieckigen Form erinnert sie an die Trinität. Von der linke und rechten Seite der Blüte gehen Farbbänder aus, die sich in den kleinen Seitenfenstern fortsetzen und dort die Erzählung fortschreiben. Es ist der Regenbogen, der sich hier durch das gesamte Fenster zieht.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 2, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 16).