Moskauer Apokalypsemauskript der Altgläubigen (um 1880)

Auktionen russischer Ikonen und Handschriften sind seit 1989 für die Erforschung dieser Kunstgegenstände eine wahre Fundgrube. Wissenschaftlich werden sie kaum herangezogen, da die Werke nur kurz im Internet erscheinen, um dann erneut in die Anonymität eines privaten Sammlers zu verschwinden – den wenigen weltweiten Ikonenmuseen fehlt es an Mitteln, ihre Sammlungen zu erweitern.
Eine bemerkenswerter Manuskriptband wurde 2017 von dem Moskauer Auktionator 12Auktion angeboten. Es handelte sich um den Text der Johannesoffenbarung mit verschiedenen historischen Kommentaren. Der Band blieb unvollendet, aber die insgesamt 156 Text- und Bildblätter zeigen formvollendete Miniaturen in gelben, türkisfarbenen und roten Aaquarellfarben höchster Qualität. Deren Gestaltung wie auch der originale Einband lassen Fachleute beides auf circa 1880 datieren – mit der Bevölkerungszunahme, der Industrialisierung und dem Stadtwachstum ging auch ein Bedarf an neuen frommen Schriften einher, hauptsächlich für die lesekundigen Popen, die die neuen oder wachsenden Gemeinden zu betreuen hatten. Auch ein Besitzvermerk stützt diese Datierung: „17. März 1884. Das Buch der illuminierten Apokalypse von Iwan Michailowitsch Smolinych.“
Das Blatt der Größe von 33 x 20 Zentimetern zeigt das Himmlische Jerusalem im Zackenstil mit einem markanten Knick an beiden Seiten, wie bereits auch fol. 206v des Apokalypsenmanuskripts von 1800. Die geometrische Strenge der Stadtmauern wird konterkariert durch die schwingenden, ja tanzenden Pfeiler der Arkaden, die die Stadt im Inneren strukturiert. Dort ist Christus dreifach präsent: als Lehrender (Christus docens), dann als Lamm in der Mitte und unten als Richter über die Welt (Christus Pantokrator). Man erkennt das Bemühen des Illustratoren, der unförmigen Stadtmauer an den vier Seiten jeweils drei Tore einzubauen. Diese sind jeweils mit rotfarbigen Engeln besetzt. Vor der Stadt unten rechts stehen Johannes (grünes Gewand) mit dem Engel (rotes Gewand), in der Stadt sind zahlreiche Heilige zum ewigen Abendmahl versammelt.

 

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