MS BNE 6972: „Summula seu Breviloquium Super Concordiae Novi et Veteris Testamenti“ (12. Jh.)
Diese Miniatur zeigt das Jüngste Gericht. Dabei setzen sich mehrere Bildelemente zu einem Ganzen zusammen. Oben, umgeben von den vierundzwanzig Heiligen, befindet sich Christus auf einem Thron in einer eckigen Mandorla. Wie auch auf dem Urgell Beatus oder dem Beatus Facundus geht von ihm ein roter, breiter Blutstrahl aus und windet sich nach unten, hier direkt zu den Verdammten, obwohl sein Tod ja eher den Geretteten auf der gegenüber liegenden Seite zugute kommt.

Dort hat der Illuminator ein Neues Jerusalem in den Raum platziert, als harmonisches und symmetrisches Gegengewicht zum Chaos der Hölle gegenüber. Von dem romanischen Miniaturbau kann man jeden Quaderstein erkennen. Wechselweise sind die Steine mit einem roten und einem grünen Edelstein geschmückt, ganz ähnlich wie auf dem Nicolò e Giovanni kurz zuvor geschaffenem Jüngsten Gericht. Rechts öffnet sich die Mauer und macht Platz für die Laibung einer geschlossenen Pforte. Nach oben brechen die Mauersteine auf Höhe der Pforte ab. Sie geben Raum für drei Arkaden, in denen gekrönte Häupter suggestiv auf den Betrachter sehen. Die Gesichter sind ernst bis traurig, von Erlösungsfreude ist nichts zu verspüren. Weitere Heilige drängen von rechts an die Pforte heran, an erster Stelle Petrus. Er ist hier nicht mit seinem Schlüssel dargestellt, sondern mit einem grünen Kreuz, da er als Protomärtyrer in Rom den Kreuzestod erlitten haben soll.
Bei der Miniatur handelt es sich um fol. 50r des lateinischen Werkes „Summula seu Breviloquium Super Concordiae Novi et Veteris Testamenti“ des Joaquín de Fiore Beato. Seine geistliche Schrift wurde im 12. Jahrhundert von der Schule in Toledo angefertigt. In der Spanischen Nationalbibliothek zu Madrid bekam sie zunächst die Signatur S-247, später MS BNE 6972.
José Marti Pou y Martí: Visionarios, beguinos y fraticelos catalanes (siglos XIII-XV), Madrid 1930.


