Der Facundus-Beatus ist eine der bekanntesten und prächtigsten mittelalterlichen Beatus-Handschriften der Spanischen Nationalbibliothek in Madrid (MS Vitr. 14-2). Auftraggeber waren König Ferdinand I. und Königin Sancha, nach denen der Codex in Spanien gelegentlich auch „Beatus des Ferdinand und der Sancha“ genannt wird. Es ist der einzige Beatus, der erwiesenermaßen nicht für ein Kloster bestimmt war. Als Herstellungsort wird ein königliches Skriptorium in León angenommen. Das Kolophon auf fol. 317 nennt den Schreiber Facundus (Facundus scripsit) und, etwas verschlüsselt, die Jahreszahl (quadragies et V post millesima, 2 × 40 + 5 + 1000 = 1085, nach unserer Zeitrechnung 1047).
Der Schriftsteller Umberto Eco veröffentlichte eine Monographie über diesen Codex. Er ist auch eine wichtige Inspirationsquelle für seinen Roman „Der Name der Rose“, in dem die Miniatur mit der mit der Sonne bekleideten Frau und dem Drachen eine bedeutende Rolle spielt. Kurz zeigt diese Miniatur auf fol. 253v das Himmlische Jerusalem, in dem die zwölf Tore gewissermaßen nach außen geklappt sind – ein stilistisches Merkmal vieler Beatus-Illustrationen. In den Toren stehen Figuren, denen ein runder Stein auf den Kopf gesetzt wurde. Die lateinischen Beschriftungen erklären, dass es sich um Vertreter der zwölf jüdischen Stämme sowie um Edelsteine handelt.
Die folgende Illustration fol. 254r zeigt den Lebensfluss, der von Christus aus nach unten strömt, vorbei an Johannes und dem Engel auf einem Felsen, weiter nach unten, um die alte Schöpfung zu befruchten. Johannes und der Engel befanden sich zuvor bereits in der Stadt. Auch die Ältesten um Christus sind in der Miniatur zuvor in den Figuren in den Toren vorgebildet, so dass also die zweite Illustration die erste gewissermaßen wiederholt. In den zwölf Toren und bei den zwölf Aposteln sind bereits Anklänge von Arkaden zu sehen, die in den folgenden Jahrhunderten zu einem Merkmal vieler Jerusalems-Darstellungen werden sollten, vornehmlich bei Fresken der Benediktiner und auf Ikonen der Ostkirche.
Jean Arrouye: Fin du monde – fin d’un monde sur les enluminures du ‚Beatus’ de Facundus, in: Fin des temps et temps de la fin dans l’univers médiéval, Aix-en-Provence 1993, S. 23-52.
J. González Echegaray, Mónica Miró (Hrsg.): Comentarios al Apocalipsis. Códice de Fernando I y Doña Sancha, Beato de Liébana, Barcelona 2006.