Jan Baegert: Weltgericht aus dem Stadtmuseum von Münster (um 1510)

Diese Bildtafel mit einem Weltgericht gehört zu einem Flügelaltar mit insgesamt ursprünglich sechzehn Tafeln, von denen sich vierzehn im Stadtmuseum von Münster erhalten haben (Inventarnummer GE-0351-2). Zwei weitere Tafeln sind in Privatbesitz, doch der gesamte Mittelteil der Predella ist verlustig. War der Altar einst geschlossen, etwa in der Karwoche, war das Weltgericht nicht sichtbar. Stand er offen, war das Weltgericht das letzte von vier Tafeln auf der linken Flügelinnenseite.

Entstanden sind die Malereien am Übergang von Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit, wo solche Altäre allerdings bereits ein Auslaufmodell waren. Diese Tafeln des Altar zeigen Szenen aus dem Marienleben und der Passionsgeschichte. Die letzte mit dem auferstandenen Christus der seine Wundmale präsentiert und Maria (oben links) vereint beide Thematiken zusammen in einem Weltgericht. Die Darstellung des Weltgerichts ist noch sehr im Mittelalter verhaftet: Christus erscheint auf einem doppelten Regenbogen (vgl. Weltgericht aus St Thomas in Salisbury, um 1475), neben ihm steht traditionell links Maria und rechts Johannes der Täufer. Unten zerteilt sich eine Gruppe von Menschen; einige links werden von Petrus in das Himmlische Jerusalem geführt, rechts müssen Sünder gegen ihren Willen in die Hölle. Die Hölle zeigt ein Monster mit übergroßem Maul, wie auf vielen früheren Arbeiten, vgl. Vesene in Västergötland, MS Germ. Oct. 270 oder St. Johannes der Täufer in Bad Zwischenahn. Anders verhält es sich mit dem Himmlische Jerusalem, man wird kaum eine Darstellung der heiligen Stadt in dieser Ausgestaltung finden. Es handelt sich hier um den Teil eines Gebäudes, das pars pro toto für Jerusalem steht. Die Fenster wie der Schmuckfries sind nicht mehr im Flamboyant der Spätgotik ausgeführt, sondern bereits wie auf Bauten der Frührenaissance in Flandern oder Oberitalien.

Die Temperamalerei auf Eichenholz stammt von Jan Baegert (geb. um 1465, gest. nach 1527) ein Maler aus Wesel. Er hatte 1502 die Werkstatt seines Vaters übernommen, in der dieser Altar entstanden ist. Wer konkret ihn einst bestellte und wo er sich zunächst befand, wissen wir nicht. Bekannt ist allein, dass es sich um eine fromme Stiftung für das eigene Seelenheil handelte, von einer Benediktinerin, vermutlich adeliger Herkunft. Erst im 18. Jahrhundert ist der Altar im Clemenshospital in Münster nachgewiesen, ein Krankenhaus, das noch heute in Betrieb ist. Nachdem 1811 die Barmherzigen Brüder ihr dortiges Spitalkloster aufgaben und das Krankenhaus in die Trägerschaft der Stadt Münster kam, gelangten die Altartafeln in das Städtische Museum. 

Gundula van Oyen: Jan Baegert, der Meister von Cappenberg, Göttingen 1953.
Gundula Tschira-van Oyen: Jan Baegert, der Meister von Cappenberg. Ein Beitrag zur Malerei am Niederrhein zwischen Spätgotik und Renaissance, Baden-Baden 1972.
Janneke Bauermeister; Mechthild Struchtrup: Zur Abnahme von Parkettierungen. Besondere Herausforderungen bei der Konservierung gespaltener Tafelgemälde von Jan Baegert, in: Restauro, 8, 2011, S. 18-26.
Valentina Vlašić (Hrsg.): Schönheit und Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters, Kleve 2024.

 

tags: Altarmalerei, Spätmittelalter, Frührenaissance, Stiftung
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