
Wolf-Dieter Kohler (1928-1985): evangelische Wolfgangskirche von Freckenfeld (1960)
Es gibt lediglich zwei Glasfenster von Wolf-Dieter Kohler (1928-1985) mit dem Bildmotiv Neues Jerusalem, die außerhalb von Württemberg liegen, eines davon befindet sich in der evangelischen Gemeindekirche von Freckenfeld – allerdings befindet sich der Ort nur wenige Kilometer zur württembergischen Landesgrenze und ist mit Karlsruhe wirtschaftlich und kirchlich eng verbunden. Der Bau gilt als größte neugotische Dorfkirche im südpfälzer Raum.
In die unteren Bildfelder setzte Kohler verschiedene biblische Szenen. Darüber, im Maßwerkornament, verteilte er die Tore der Stadt, in zwei Fischblasen jeweils vier Tore, in den übrigen jeweils eines. Er entschied sich für seine Blockform, die man bereits auf vielen seiner Glasfenster zuvor findet und die so etwas wie sein „Markenzeichen“ bezüglich der Jerusalemsdarstellung sind (vgl. Heselwangen, Affalterbach, Heilbronn). Hier sind die Blöcke schematisch-einheitlich gesetzt: gelbe Rahmung, rote Füllung. In zwei weiteren Feldern hat Kohler Elemente gesetzt, die sich auf vielen seiner Darstellungen des Themas finden: ein weiße Taube für den Heiligen Geist und einige rote Bluttropfen, die an die Passionsgeschichte erinnern.
In der Freckenfelder Kirche gab es keine Kriegszerstörung. Die historischen Fenster wurden ein Opfer einer sogenannten Purifizierung: zu Wohlstand gekommen „modernisierten“ vor allem Gemeinden in ländlichen Regionen ihre Räumlichkeiten: Einrichtungsgegenstände und Kunstwerke, die sich über Jahrhunderte angesammelt hatten, wurden radikal entfernt, zugunsten eines „einheitlichen Konzeptes“. Wolf-Dieter Kohler war einer der maßgeblichen Befürworter dieses Vorgehens, bei dem eine gewisse Verachtung für die Leistung der Vorfahren mitschwingt. Im Ergebnis verdanken wir ihm die Beseitigung zahlreicher kunstvoller Werke vor allem aus dem 19. Jahrhundert, aber auch zahlreiche hochwertige neue Glasmalereien. Im Fall von Freckenfeld waren es besondere Umstände: hier hatte bereits sein Vater, der Glasmaler Walter Kohler, in den 1930er Jahren mehrere Fenster erneuert. Die Arbeiten konnten 1936 nicht abgeschlossen werden, und die Gegenüberstellung von modernen Kohler-Fenstern zu historistischen Fragmenten war viele Jahre unbefriedigend, so dass der Sohn Jahrzehnte später schließlich die Arbeit seines Vaters mit den drei Chorfenstern vollenden konnte. Inwieweit er dabei auf ursprünglich vorgesehene Motive seines Vaters Rücksicht nahm, ließ sich nicht mehr herausfinden. Hergestellt und eingebaut wurden seine Entwürfe von der Manufaktur Emil Gaisser in Stuttgart.
Berthold Schnabel: Die evangelischen Kirchen in Freckenfeld und Minfeld, in: Turmhahn. Zeitschrift für Bauen und Kunst in der evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche), 31/35, 1987, S. 2-28.
Christa Birkenmaier (Hrsg.): Wolf-Dieter Kohler, 1928-1985. Leben und Werk, Petersberg 2021.